Aufreger des Monats August: Kontenabrufe steigen und steigen

Der automatisierte Abruf von Kontoinformationen wurde infolge der Terroranschläge vom 11. September 2001 eingeführt, um Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung besser bekämpfen zu können. Seit April 2005 dürfen auch Finanzämter, Sozialämter sowie Arbeitsagenturen auf Grundlage des § 93 AO entsprechende Daten von den Kreditinstituten abrufen. Seit dem Jahr 2013 sind auch Gerichtsvollzieher berechtigt, entsprechende Daten abzufragen. Und seitdem kennt die Anzahl der Kontenabrufe nur eine Richtung: nach oben, und zwar sprunghaft. Wurden im Jahr 2005 rund 10.000 Kontoabfragen durchgeführt, waren es im Jahr 2020 bereits mehr als 1 Million.

Nunmehr liegen auch die Zahlen für das Jahr 2023 vor: Finanzämter und Sozialbehörden einschließlich Gerichtsvollzieher und Jugendämter haben im vergangenen Jahr haben 1.403.581 Abfragen gestartet. Zusätzlich zu den Kontenabfragen der Finanz- und Sozialbehörden haben Polizei, Staatsanwaltschaften, Zoll- und Steuerfahndung weitere 431.843 Kontenabrufe vorgenommen. Insgesamt sind dies 1.835.424 Kontenabfragen (Quelle: Bundestags-Drucksache 20/10841).

Kritik an dem Vorgehen lässt die Bundesregierung übrigens abperlen. In einer Stellungnahme aus dem Jahre 2021 (Bundestags-Drucksache 19/26831 vom 19.2.2021) schreibt sie:

„Seit Einführung des Kontenabrufverfahrens unterliegt dieses der ständigen Begleitung und Kontrolle durch den Bundesbeauftragen für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) sowie der Überprüfung durch die Gerichte. Größere Beanstandungen hat es hierbei nicht gegeben …. Sofern Beanstandungen durch die Gerichte oder Kritik des BfDI geäußert wurden, waren diese regelmäßig Anlass, die betroffenen Prozesse zu analysieren und datenschutzrechtlich zu optimieren. So wurden zum Beispiel die Kreditinstitute verpflichtet, bei einem Kontenabruf neben den bisherigen Parametern (Name, Vorname und Geburtsdatum) auch die Adresse und die steuerliche Identifikationsnummer an das BZSt zu übermitteln (§ 93b Abs. 1a AO). Durch die Übermittlung dieser zusätzlichen Angaben konnte eine noch genauere Zuordnung der Abrufergebnisse erreicht werden, so dass Personenverwechslungen, wie sie in der Vergangenheit vereinzelt vom BfDI kritisiert wurden, weitgehend ausgeschlossen sind.“

Und aktuell heißt es seitens des Bundesregierung unter anderem: „Die Absichten des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) ergeben sich aus dem Papier „Rechtsextremismus entschlossen bekämpfen – Instrumente der wehrhaften Demokratie nutzen“, hier unter Nummer 3 „Finanzquellen rechtsextremistischer Netzwerke austrocknen“. Immerhin: Der Meinungsbildungsprozess innerhalb der Bundesregierung sei noch nicht abgeschlossen (so die Bundestags-Drucksache 20/10841, Seite 7).

Interessant ist übrigens die Verteilung der Zahlen auf die Bundesländer. Ich habe hier – zumindest bei einem überschlägigen Nachrechnen – keine Korrelation zwischen der jeweiligen Einwohnerzahl und dem Kontenabruf feststellen können. Offenbar sind die Einwohner bestimmter Bundesländer einfach weniger verdächtig oder aber ehrlicher als die Einwohner anderer Bundesländer. Oder aber die Behörden, beispielsweise in Nordrhein-Westfalen, misstrauen ihren Bürgern mehr als beispielsweise die Behörden in Rheinland-Pfalz.

Diese unterschiedliche Handhabung passt für mich einfach nicht und ist aus diesem Grund der Aufreger des Monats August.

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