Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind bis zu 1.250 Euro als Werbungskosten absetzbar, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit „kein anderer Arbeitsplatz“ zur Verfügung steht. Naturgemäß ranken sich um das Tatbestandsmerkmal „kein anderer Arbeitsplatz“ des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG zahlreiche Streitigkeiten, so zum Beispiel, ob auch ein Pool-Arbeitsplatz im Rahmen des „Desk Sharing“ ein „anderer Arbeitsplatz“ sein kann.
Der BFH hatte hierzu im Jahre 2014 entschieden, dass zwar auch ein Pool-Arbeitsplatz grundsätzlich ein „anderer Arbeitsplatz“ sein kann, doch nur dann, wenn der Mitarbeiter ihn „in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann.“ Ist die Nutzung des Pool-Arbeitsplatzes hingegen eingeschränkt, so dass der Mitarbeiter in seinem häuslichen Arbeitszimmer einen Teil seiner beruflichen Tätigkeit verrichten muss, sind die Arbeitszimmerkosten bis zu 1.250 Euro im Jahr als Werbungskosten absetzbar (BFH-Urteil vom 26.2.2014, VI R 37/13). Das heißt zum Beispiel: Ein Pool-Arbeitsplatz, bei dem sich acht Großbetriebsprüfer drei Arbeitsplätze für die vor- und nachbereitenden Arbeiten der Prüfungen teilen, steht nicht als anderer Arbeitsplatz i.S. von § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG zur Verfügung, wenn er zur Erledigung der Innendienstarbeiten nicht in dem erforderlichen Umfang genutzt werden kann.
Jüngst hat das FG Hessen – leider zuungunsten eines Arbeitnehmers – entschieden, dass dem Arbeitnehmer im Betrieb seines Arbeitgebers auch dann ein Arbeitsplatz zur Verfügung steht, wenn ihm morgens jeweils ein anderer Arbeitsplatz im Rahmen des „Desk Sharing“ zugewiesen wird (Urteil vom 30.7.2020, 3 K 1220/19).
Der Sachverhalt:
Der Kläger war als IT-Projektleiter beschäftigt. In seiner Einkommensteuererklärung machte er 1.250 Euro für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten geltend. Zur Begründung berief sich der Kläger ein Konzept seines Arbeitgebers. Darin ist das Desk Sharing Prinzip verankert, wonach „aufgrund des bedarfsorientierten Angebots an Arbeitsplätzen eine feste Zuordnung einzelner Arbeitsplätze zu bestimmten Mitarbeitern üblicherweise nicht stattfindet; was voraussetzt, dass Mitarbeiter Arbeitsplätze in der Regel teilen müssen.” Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen nicht an. Die Richter des FG schlossen sich dem an.
Begründung:
Ein „anderer Arbeitsplatz” i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, sofern er zu Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist. So kann auch ein Raum, den sich der Steuerpflichtige mit weiteren Personen teilt, ein anderer Arbeitsplatz in diesem Sinne sein. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitsplatz in einem Großraumbüro dem Steuerpflichtigen nicht individuell zugeordnet ist. Entsprechendes gilt für einen Pool-Arbeitsplatz. Eine jederzeitige Zugriffsmöglichkeit auf den anderen Arbeitsplatz ist nicht zwingend erforderlich. Ein Pool-Arbeitsplatz kann daher als ein anderer Arbeitsplatz i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG zu Verfügung stehen, wenn bei diesem nach den tatsächlichen Gegebenheiten insbesondere durch eine ausreichende Anzahl an Pool-Arbeitsplätzen gegebenenfalls ergänzt durch arbeitgeberseitig organisierte, dienstliche Nutzungseinteilungen gewährleistet ist, dass der Arbeitnehmer seine beruflichen Tätigkeiten in dem konkret erforderlichen Umfang dort erledigen kann.
Hinweis:
In ähnlichen Fällen muss gegenüber dem Finanzamt also glaubhaft dargelegt werden, dass der Arbeitnehmer seinen anderen Arbeitsplatz in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise nicht nutzen kann. In Corona-Zeiten dürfte das übrigens kein großes Problem sein (Thema „Gesundheitsschutz / Hygienekonzept“; vgl. BT-Drucks. 19/19321 vom 19.5.2020), sollte vom Arbeitnehmer aber entsprechend dokumentiert werden. Gegebenenfalls sind Anweisungen des Arbeitgebers (Emails, Aushänge usw.) aufzubewahren.
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