Arbeitsverhältnisse mit Angehörigen: Das „Aus“ für detaillierte Stundenaufzeichnungen

Arbeitsverhältnisse, die wie unter Fremden durchgeführt werden, sind vom Finanzamt steuerlich anzuerkennen. Doch immer wieder gibt es Streit, wenn es um die konkreten Anforderungen für die Anerkennung geht. So hatte das FG Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 21.9.2017 (4 K 1702/16) ganz detaillierte Stundenaufzeichnungen mit einer Dokumentation der geleisteten Arbeitszeit gefordert.

Da nicht einmal die Revision zugelassen wurde und diese nur über den Umweg der Nichtzulassungsbeschwerde erreicht wurde, gab es auf Seiten der Finanzverwaltung schon zufriedene Gesichter. Doch wer zuletzt lacht, …

Jüngst hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Führung von Arbeitszeitnachweisen für die Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses mit Angehörigen nicht zwingend erforderlich ist. Eine fehlende Dokumentation der geleisteten Arbeitszeit allein dürfe nicht zur Aberkennung des Ehegatten-Arbeitsverhältnisses führen. Zudem sind auch Unterarbeitsverhältnisse anzuerkennen, also Arbeitsverhältnisse, die Arbeitnehmer ihrerseits zum Beispiel mit dem Ehegatten eingehen (BFH-Urteil vom 18.11.2020, VI R 28/18).

Der Sachverhalt in Kürze

Ein Obergerichtsvollzieher beschäftigte seine Ehefrau als Büroangestellte. Bei der Veranlagung wurden die Lohnkosten nicht berücksichtigt. Die vorgelegten Dokumentationen der Arbeitszeit entsprächen objektiv nicht den Anforderungen eines Fremdvergleiches – so das Finanzamt. Auf den Nachweisen seien lediglich der Name der Ehefrau und die Tage mit Arbeitszeit vermerkt, an denen sie gearbeitet habe. Eine Angabe über die Tätigkeit, wann die Dokumentation erstellt oder dass sie geprüft worden sei, sei auf dem Nachweis nicht vorhanden. Das FG hatte die hiergegen gerichtete Klage verworfen. Wenn die Arbeiten auch zu Hause geleistet werden können, sei eine tätigkeitsbezogene Auflistung für den jeweiligen Tag erforderlich.

Doch der BFH ist weniger streng

Das FG überspanne die Anforderungen, wenn es meint, der Steuerpflichtige müsse für die Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses zwischen nahen Angehörigen konkret darlegen, wann genau welche Tätigkeiten ausgeübt worden seien. Eine solche Darlegungsanforderung ließe sich nur erfüllen, wenn der Steuerpflichtige durchgehend aufzeichnen würde, welche konkrete Arbeitsleistung der mitarbeitende Angehörige zu jeder einzelnen Arbeitsstunde tatsächlich erbracht hat. Dies könne nicht verlangt werden. Die Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses mit einem Angehörigen erfordere nicht die Vorlage eines einem Fahrtenbuch vergleichbaren Arbeitsnachweises. Sie setzt entgegen der Auffassung der Vorinstanz keine „auf die jeweiligen Tage bezogene substantiierte Auflistung“ der geleisteten Arbeiten voraus.

Aufzeichnungen betreffend die Arbeitszeit, z.B. Stundenzettel, dienen zwar Beweiszwecken. Sie sind für die steuerliche Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses zwischen nahen Angehörigen aber nicht zwingend erforderlich.

Hinweis

Ich möchte hier eine Warnung aussprechen, denn oftmals werden Urteile wie das hier vorgestellte „zu positiv“ gesehen. Zwar sagt der BFH, dass Stundenaufzeichnungen im Prinzip entbehrlich sind und schon gar nicht dürfen (zu) detaillierte Aufzeichnungen gefordert werden. Letztlich kommt es aber immer auf eine Betrachtung des gesamten Sachverhalts an. Wer an anderer Stelle Fehler begeht, dem können fehlende Aufzeichnungen dann doch wieder entgegengehalten werden.

Und noch ein Punkt

Bei geringfügig Beschäftigten verlangt § 17 des Mindestlohngesetzes Stundenaufzeichnungen. Diese Pflicht entfällt bei der Beschäftigung von engen Familienangehörigen. Nun nehmen wir aber folgenden Fall: Ein Unternehmer beschäftigt einen Angehörigen und einen fremden Mitarbeiter auf „450-Euro-Basis“ mit jeweils gleichartigen Tätigkeiten. Für den Dritten werden Stundenzettel zwangsweise geführt, für den Angehörigen – entsprechend der Gesetzgebung – nicht.

Auch wenn die fehlende Aufzeichnung der Arbeitszeit des Angehörigen offenbar nicht schädlich sein soll, so bleibt es „unterm Strich“ dennoch irgendwie seltsam, dass für ein Angehörigen-Arbeitsverhältnis weniger strenge Voraussetzungen gelten als für ein Arbeitsverhältnis mit fremden Dritten.

Aber nun gut: Wir nehmen das BFH-Urteil gerne zur Kenntnis und haben zumindest im Rahmen der Abwehrberatung ein Ass mehr im Ärmel.


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