Ich habe das Glück aufgrund des „richtigen Geburtsjahres“ die Corona-Krise nicht als aktives, berufsschaffendes Mitglied des steuerberatenden Berufes erleben zu müssen. Gut, dafür bin ich gesundheitlich als „gefährdet“ einzustufen und alle Maßnahmen zielen ja auch darauf, mich zu schützen. Danke.
Aber wer schützt die aktiven Menschen, die in unserem Beruf arbeiten? Unabhängig von „Corona“ ist dieser Berufsstand immer am Rande seiner möglichen Arbeitsbelastung gewesen. Er hat sich nur nicht so gewehrt, wie es notwendig gewesen wäre. Die Quittung ist die gezielte Verschärfung der Abgabefristen zu Steuererklärungen (§§109,149 AO). Diese sind immer in Zusammenhang mit den drohenden Verspätungszuschlägen zu sehen, die nunmehr kraft Gesetzes der Höhe nach von vornherein bestimmt sind (§152 AO).
Die Corona-Krise zeigt, wie der Gesetzgeber über „die Strenge geschlagen“ hat. Der Gesetzesbefehl der pünktlichen Abgabe kann nicht mehr erreicht werden. Deshalb hat die Finanzverwaltung großzügig, aber eben nicht ländereinheitlich, für Entlastung gesorgt. Durch die Hintertür des § 109 Abs. 2 AO wurden zumindest für die Abgabe der Steuererklärung 2018 die Fristen verlängert und so die Bedrohung weiterer finanzieller Verpflichtungen vermieden.
Ich halte diese Regelung auf Dauer für nicht angemessen. So ist der Berufsstand auf das „Wohlwollen der Finanzverwaltung“ angewiesen. So fehlt zum Jahresende immer noch eine entsprechende Regelung für die Steuererklärungen 2019.
Betrachten wir diese Regelung doch mal aus der Sicht der Betroffenen des Steuerbürgers und seines Steuerberaters. Kann die gesetzliche Regelung überhaupt eingehalten werden? Dies ist mit einem klaren Nein zu beantworten. Ein Gesetz, das eine Verhaltensmaßnahme fordert, die nicht eingehalten werden kann, ist verfassungswidrig, denn das Gesetz darf nur etwas fordern, was einzuhalten objektiv möglich ist. Auch ohne Corona trifft dieser Tatbestand bereits zu, er wird nur von Verwaltung und Gesetzgeber negiert.
Die jetzige Situation hat sich für den Berufsstand verschärft, weil er mit zusätzlichen Aufgaben hinsichtlich der Anträge für die Überbrückungshilfen belastet wird. Der Gesetzgeber verlangt vom Antragsteller eine Überprüfung durch den Steuerberater, der eine Plausibilitätsprüfung zu bestätigen hat.
Diese Anträge sind bei Auftragsvergabe zeitnah zu erledigen, denn der Antragsteller, der zuerst beantragt, wird gefördert (sog. Windhundrennen). Also hat der Steuerberater alles Andere liegen zu lassen, sogar die vorzeitig angeforderte Steuererklärung durch das Finanzamt.
Die Bearbeitung des Antrages enthält zahlreiche Beratungsfallen. Es beginnt bereits bei der einfachen Frage, welcher Umsatz maßgeblich ist. Brutto oder netto und wie wird dieser ermittelt. Die handwerkliche Leistung der Verordnung ist schlicht als mangelhaft zu bewerten. Mit anderen Worten, es sind umfangreiche Ermittlungsarbeiten und Wahlrechte zu beachten.
Bereits unter diesem Aspekt ist es nicht vertretbar, dass die Steuerberatenden Berufe für die Regelung der Steuererklärungen 2019 noch keine Klarheit haben. Die BStBK hat eine Gesetzesänderung mit einer längeren Abgabefrist um 6 Monate gefordert.
Positive Reaktion ist mir seitens des Gesetzgebers nicht bekannt!