Das BMF hat dem Max-Planck-Institut im vergangenen Jahr den Auftrag erteilt, die rechtlichen Rahmenbedingungen und den zweckmäßigen Zuschnitt einer Anzeigepflicht herauszuarbeiten, die Gesetzgeber und Verwaltung frühzeitig über Steuervermeidungsstrategien und etwaigen Handlungsbedarf informieren soll. Die Ergebnisse des Gutachtens wurden vor einigen Wochen vorgestellt und können nun nachgelesen werden (den Link zu dem Gutachten finden Sie unten). Und diese haben es in sich: Das Max-Planck-Institut ist nämlich der Auffassung, dass eine Anzeigepflicht für Steuerberater grundsätzlich realisierbar ist. Damit ist es für mich das „Gutachten des Grauens“ für unseren Berufsstand.
Zwar weisen die Bearbeiter vielfach auf die rechtlichen Schwierigkeiten der Umsetzung hin und betonen auch, dass – sozusagen als Entgegenkommen – Maßnahmen zur Verbesserung der Steuerplanungssicherheit für die Steuerpflichtigen und ihre Berater eingeführt werden sollten. Wer die Finanzverwaltung kennt, kann aber mit großer Sicherheit davon ausgehen, dass dieser Teil des Gutachtens geflissentlich überlesen wird. Ich maße mir in rechtlicher Hinsicht keine Schelte des Max-Planck-Instituts an, denn das Gutachten ist ausführlich begründet. Allerdings lässt die Art und Weise der redaktionellen Aufbereitung aus meiner Sicht doch zu wünschen übrig, denn Sätze wie „Aus unserer Sicht lassen sich gute Gründe dafür anführen, ein Anzeigepflichtsystem in das deutsche Recht zu implementieren“ oder „Denn der Gesetzgeber und die Steuerverwaltung haben ein legitimes Interesse daran, über die Ausnutzung aus ihrer Sicht unerwünschter Lücken im Steuerrecht zeitnah informiert zu werden, um bei Bedarf zügig dagegen vorgehen zu können“ lassen eine – wohl ungewollte – steuerpolitische Tendenz erkennen.
Es kann und darf nicht sein, dass Steuerberater nun zu Lückenbüßern für eine schlampige Gesetzgebung degradiert werden, denn hierin liegt der Kern des Übels. Und diese deutliche Herausstellung vermisse ich in dem Gutachten. Zwar kann man über bestimmte Steuergestaltungsmodelle sicherlich die Nase rümpfen oder den moralischen Zeigefinger heben. Aber wer will denn letztlich entscheiden, ob ein Gestaltungsmodell „unerwünscht“ ist? Ich denke beispielsweise an zahlreiche Modelle zur Verminderung oder Verhinderung der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Hier waren die so genannten Cash-GmbHs der Finanzverwaltung auch über Jahre ein Dorn im Auge. Allerdings hat der Gesetzgeber die steuerlichen Folgen jahrelang hingenommen, und zwar bewusst. Hätte nun im Vorfeld jede Gründung einer Cash-GmbH angemeldet werden müssen?
Weitere Informationen:
http://www.tax.mpg.de/fileadmin/TAX/docs/TL/MA/Gutachten_Anzeigepflichten_MPI.pdf