In den letzten Wochen ist es um das Thema „Anzeigepflicht für nationale Steuergestaltungen“ still geworden. Manche hatten schon gehofft, es bliebe bei der Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Gestaltungen. Doch weit gefehlt. Es liegt nun ein erster Referentenentwurf mit Stand 30.1.2019 vor, der jedoch – so der „O-Ton“ – noch der Ressortabstimmung bedarf. Von daher darf der Referentenentwurf auch nicht als Referentenentwurf bezeichnet werden. Nennen wir ihn daher den „Entwurf eines Referentenentwurfs.“ Wie dem auch sei: Das Papier sieht eine Anzeigepflicht für innerdeutsche Steuergestaltungen vor. Und natürlich auch für grenzüberschreitende Gestaltungen. Während es im nationalen Bereich immerhin Mindestregelungen geben soll (z.B. eine Einkunftsgrenze von 500.000 Euro), sucht man diese bei den grenzüberschreitende Gestaltungen vergebens. Berater im grenznahen Bereich sowie Kolleginnen und Kollegen mit internationaler Mandantschaft werden sich freuen.
Wer nun aber mangels Internationalität aufatmen will: Freuen Sie sich nicht zu früh, denn explizit wird die Schenkung- und Erbschaftsteuer nicht aus der Anzeigepflicht ausgenommen. Von daher könnte jede Erbschaftsteuerberatung, in der es auch nur um einen einzigen Miterben aus dem Ausland geht, künftig der Finanzverwaltung zu melden sein. Und zwar wohlgemerkt, sobald der erste Schritt zur Umsetzung getan worden ist. Sie möchten nun wissen, was mit dem „ersten Schritt“ gemeint ist? Nun ja, dieses neue Tatbestandsmerkmal wird künftig, so meine sehr konservative Schätzung, 15 Seiten Ausführungsbestimmungen erfordern und wird die Gerichte bis zum Sankt Nimmerleinstag beschäftigen – wenn nicht das Bundesverfassungsgericht dem Spuk vorher ein Ende bereitet.
Wenn Sie übrigens der Meinung sind, bei dem „ersten Schritt“ handelt es sich um das einzige neue Tatbestandsmerkmal, muss ich Sie enttäuschen. Es erwartet uns eine Flut neuer – vollkommen unbestimmter – Rechtsbegriffe.
Noch zwei Punkte zum Schluss:
- Dass der Steuerberater mit der Anzeigepflicht zum Erfüllungsgehilfen der Finanzverwaltung wird, wird mittlerweile nicht mehr nur hinter vorgehaltener Hand zugegeben. Nein, es wird zur offiziellen Sprachregelung der Finanzverwaltung – freilich ohne dass wir eine Vergütung des Staates erhalten werden.
- In dem genannten Papier wird der Erfüllungsaufwand für die Berater nicht beziffert, der Aufwand für die Wirtschaft wird ebenfalls verschwiegen. Ich kann es aber gerne einmal für die Beraterschaft vorrechnen: In erster Linie werden rund 4.000 Kanzleien in Deutschland laufend mit der Anzeigepflicht konfrontiert sein. Es werden rund 15 Meldungen pro Monat erforderlich sein. Das sind 60.000 Meldungen pro Monat oder 720.000 Meldungen im Jahr. Bei einem Zeitaufwand von 1 Stunde pro Meldung wären das also 720.000 Stunden. Bei einem Durchschnittshonorar von 100 Euro wären das 72 Mio. Euro, wenn ich richtig gerechnet habe. Das wiederum sind 18.000 Euro Kosten pro Kanzlei. Nehme ich nun noch die übrigen Kanzleien hinzu, die hin und wieder Steuermodelle anzeigen müssen, liege ich – so meine Schätzung – bei einem Erfüllungsaufwand für unseren Berufsstand von 100 Mio. Euro pro Jahr.
Sie halten das für Panikmache? Mag sein. Ich selbst halte meine Schätzung nach dem Studium des Papiers für eher gemäßigt.
Ach ja, fast hätte ich es vergessen. Das Papier sieht für grenzüberschreitende Gestaltungen eine echte Rückwirkung vor. Insofern sollten Sie Ihre anzeigepflichtigen Gestaltungen schon heute notieren.