Anwendung der Ein-Prozent-Regelung trotz Vereinbarung eines privaten Nutzungsverbots

Kürzlich hatte ich in meinem Blog-Beitrag „Privatnutzung eines Kfz darf nicht immer unterstellt werden“ auf das Urteil des FG Münster vom 21.3.2018 (Az. 7 K 388/17 G,U,F) hingewiesen. Das FG hat entschieden, dass der Anscheinsbeweis hinsichtlich der Pkw im Betriebsvermögen einer Personengesellschaft durch weitere Fahrzeuge im Privatvermögen der Gesellschafter erschüttert werden kann. Die Entscheidung bedeutet eine zumindest kleine Verschiebung der Beweislast:

Es reicht also nicht (mehr) aus, dass das Finanzamt eine Privatnutzung lediglich behauptet. Sie muss schon den einen oder anderen Punkt vortragen, der auf eine Privatnutzung hinweisen lässt.

Auch das FG Hamburg hat sich mit Urteil vom 6.2.2018 (6 K 172/17) mit der Ein-Prozent-Regelung und dem Anscheinsbeweis befasst. Bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer ist danach die auf den Beweis des ersten Anscheins gestützte Annahme, er habe einen ihm zur Verfügung stehenden Dienst-Pkw privat genutzt, auch dann möglich, wenn formal ein Nutzungsverbot vereinbart worden ist. Das heißt: Ein vertragliches Nutzungsverbot spielt bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer (so gut wie) keine Rolle. Die Ein-Prozent-Regelung sei grundsätzlich nur dann nicht anwendbar, wenn nachgewiesen werde, dass eine Privatnutzung des Pkw ausscheidet. An den Nachweis fehlender Privatnutzung seien strenge Anforderungen zu stellen. Anderenfalls hätte es der Gesellschafter in der Hand, ob er den Eigenverbrauch versteuert. Das Gericht war davon überzeugt, dass im zugrundeliegenden Sachverhalt das private Nutzungsverbot nur aus steuerrechtlichen Gründen vereinbart worden sei und eine private Nutzung stattgefunden habe.

Im Fall des FG Hamburg muss man wohl festhalten, dass sich die Beteiligten nicht gerade „unverdächtig“ verhalten haben. Erstmalig mit Schreiben vom 13.6.2016 teilte die Klägerin nämlich mit, dass die Privatnutzung des betroffenen Pkw durch Vereinbarung vom 11.12.2013 ausgeschlossen worden sei. In ihrer am 30.12.2015 eingereichten Steuererklärung für 2014 erklärte sie aber einen Eigenverbrauch für das in 2013 angeschaffte Kfz. Dass in einem solchen Fall das Finanzamt und auch das FG misstrauisch werden, dürfte in der Natur der Sache liegen.

Ärgerlich wird aber sein, dass sich wohl viele Finanzbeamte gar nicht die Mühe machen werden, die Besonderheiten des Falles zu studieren, sondern in einschlägigen Fällen nur mit dem (nicht amtlichen) Leitsatz argumentieren werden.

Gegen das Urteil ist Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt worden. Ob diese Aussicht auf Erfolg hat, kann nur schwer beurteilt werden. Ich selbst würde jedenfalls wie folgt argumentieren: Wird einem Arbeitnehmer ein Kfz mit der Maßgabe zur Verfügung gestellt, es künftig nicht für Privatfahrten oder Fahrten zur Arbeit zu nutzen, ist von der Besteuerung abzusehen, wenn das Nutzungsverbot durch entsprechende Unterlagen (z. B. eine arbeitsvertragliche oder andere arbeits- oder dienstrechtliche Rechtsgrundlage) nachgewiesen wird (vgl. Tz. 2.8 des aktuellen BMF-Schreibens vom 4.4.2018, BStBl 2018 I S. 592). Insoweit liegt also eine Selbstbindung der Finanzverwaltung vor, die das FG nicht hinreichend gewürdigt hat.

Weitere Informationen:

 

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

61 − 58 =