Antiquierte Begriffe im Steuerrecht: der Hausgewerbetreibende

Vor kürzerer Zeit wurde hier im Experten-Blog unter der Überschrift „Mittelalter im digitalen Zeitalter“ bereits die gänzliche Abschaffung der Gewerbesteuer eingefordert. Im gleichen Atemzug wurde jedoch – zutreffend – darauf verwiesen, dass dafür derzeit kein ausreichender politischer Wille vorhanden ist.

Dennoch gibt es einige Teile der Gewerbesteuer, die man ohne große Reformierungsanstrengungen entstauben könnte.

Eines dieser staubigen Zahnräder im zähen Uhrwerk der Gewerbesteuer ist der Hausgewerbetreibende.

Sie sind nicht allein, wenn Ihnen beim ersten Lesen des Begriffs nicht sogleich Gesetzesfundstelle und praktischer Anwendungsfall vor dem geistigen Auge erscheinen…

Wer als Hausgewerbetreibender anzusehen ist, bestimmt sich nach den Vorschriften des Heimarbeitsgesetzes (HAG) vom 14. März 1951.

Das Heimarbeitsgesetz ist also auch nicht mehr das Jüngste!

Hausgewerbetreibender ist nach § 2 Abs. 2 HAG, wer in eigener Arbeitsstätte (eigener Wohnung oder Betriebsstätte) mit nicht mehr als zwei fremden Hilfskräften im Auftrag von Gewerbetreibenden Waren herstellt, bearbeitet oder verpackt, wobei er selbst wesentlich am Stück mitarbeitet, jedoch die Verwertung der Arbeitsergebnisse dem auftraggebenden Gewerbetreibenden überlässt.

Soweit ersichtlich, wird als gewerbesteuerlicher Vorteil nur die Steuermesszahl für Hausgewerbetreibende um 56 % ermäßigt.

Historisch sehr plakativ, aber nicht mehr zeitgemäß, erscheint das Beispiel einer Näherin, welche Kleidungsstücke für verschiedene Schneider in der privaten Wohnung individuell weiterbearbeitet.

Dieser Sachverhalt kommt bestimmt auch heutzutage noch vor, hat sich im Vergleich z. B. zu den frühen 1960ern aber wahrscheinlich zu einem Randphänomen entwickelt.

Wie passt der Hausgewerbetreibende also in unsere heutige (digitale) Wirtschaftsrealität?

Nachdenken könnte man darüber, ob gewerblich tätige Grafikdesigner oder Programmierer, die vom heimischen Arbeitsplatz tätig werden, den „Prototyp“ des modernen Hausgewerbetreibenden darstellen.

Unter „Mitarbeit am Stück“ versteht das HAG jedoch die körperliche Arbeit am Arbeitsprodukt. Diese muss wesentlich, also für das Gesamtergebnis von entscheidender Bedeutung, sein. Allerdings dürfte der hilfsweise Einsatz von Automaten und Maschinen angesichts der technischen Entwicklung nicht von Vornherein schädlich sein (FG Baden-Württemberg vom 30. 5. 1990, EFG 1991 S. 38, rkr.).

Ich habe daher erhebliche Zweifel daran, ob die Mausklicks und Tastaturanschläge des Programmierers als körperliche Arbeit, welche in das Produkt eingeht, ausreichen. Technik zur elektronischen Datenverarbeitung fließt dabei wohl mehr als nur hilfsweise in den Schaffensprozess ein.

Fazit: Der Hausgewerbetreibende ist und bleibt eine lebende Fossilie ohne echten Aktualitätsbezug.

Da meine praktischen Erfahrungen mit Hausgewerbetreibende nur als sehr spärlich bezeichnet werden können, würden mich Ihre Erkenntnisse zum Thema sehr interessieren.

In welchem Kontext ist Ihnen ein Hausgewerbetreibender bereits über den beruflichen Weg gelaufen?

Lesen Sie hierzu auch im NWB Experten-Blog:

Schneider: „Gewerbesteuer – Mittelalter im digitalen Zeitalter“ 

2 Gedanken zu “Antiquierte Begriffe im Steuerrecht: der Hausgewerbetreibende

  1. Sehr geehrter Herr Heine,

    auch ich hatte bisher nur spärliche Erfahrung im Bereich „Heimarbeit“.
    Die beiden von uns betreuten Mandanten haben die „Heimarbeit“ nur im „Nebengewerbe“ als Ergänzung zu Ihrer normalen Tätigkeit ausgeübt, quasi wie ein Aushilfsjob.
    (Montage von Kugelschreibern etc.)
    Der Verdienst lag hierbei deutlich unter dem Gewerbesteuerfreibetrag von € 24.500 .
    Ich vermute das dies überwiegenden der Fall sein dürfte.
    Da eine Gewerbesteuererklärung nur bei Gewinnen über € 24.500 abzugeben ist (§25(1) Nr.1 GewStDV) spielt die Begrifflichkeit und die Vergünstigung nach § 11 (3) GewStG in der Praxis wohl keine große Rolle mehr.

    MfG

    Rainer Kuhn, Steuerberater

    • Sehr geehrter Herr Kuhn,

      vielen Dank für Ihren Kommentar.
      Das bestätigt meine Vermutungen – der Hausgewerbetreibende ist im GewStG entbehrlich.

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