Heiß debattiert wurde am 19.04.2021 bei einer öffentlichen Anhörung im Finanzausschuss des Deutschen Bundestags über die mögliche Abschaffung der Vermögensteuer.
Wird nach der Aussetzung nunmehr die endgültige Abschaffung folgen?
Hintergrund
Bereits im Jahr 1997 wurde die Erhebung der Vermögensteuer ausgesetzt, nachdem das Bundesverfassungsgericht Ungleichbehandlungen bei der Bewertung verschiedener Vermögensarten bemängelt hatte. Trotzdem hat das Vermögensteuergesetz bis heute formellen Bestand. Die komplette Aufhebung des Gesetzes rückwirkend zum 01.01.2021 fordert nunmehr die FDP-Bundestagsfraktion in ihrem Gesetzentwurf vom 12.01.2021. Dies sollte ihrer Meinung nach einhergehen mit einer Reihe von Maßnahmen, welche den Aufbau von Vermögen fördern.
Niedergelegt hat sie die Maßnahmen im Antrag „Mehr Vermögen aufbauen statt Leistung bestrafen“ vom gleichen Tag. Darin verlangen die FDP-Abgeordneten einen wiederauffüllbaren Grunderwerbsteuerfreibetrag für den Kauf von selbstgenutztem Wohneigentum, die Abschaffung des Solidaritätszuschlags auch für Anleger, einen höheren steuerlichen Sparerpauschbetrag, die Freistellung von mindestens fünf Jahre lang gehaltenen Wertpapieren von der Kapitalertragsteuer, den Verzicht auf eine Finanztransaktionsteuer auf Aktien und die vollständige steuerliche Berücksichtigung von Verlusten aus Wertpapiergeschäften.
Die Komplettabschaffung der Vermögensteuer scheint die FDP vor allem aufgrund der Diskussionen um deren Wiedereinführung zu wollen. So konstatiert sie in ihrem Gesetzentwurf: „Eine nominelle Vermögensteuer bedeutet neben den Ertragsteuern eine zusätzliche Belastung von Vermögenseinkommen und setzt damit wachstumspolitisch problematische negative Anreize für Ersparnisbildung und Finanzinvestitionen. In Krisenzeiten kann die Vermögensteuer aufgrund ihrer Ausgestaltung als Substanzsteuer zu Liquiditätsengpässen und Wachstumseinbußen führen und damit sogar krisenverschärfend wirken.“
Ländereigene Vermögensteuer als Folge der Abschaffung?
Ein Augenmerk bei der öffentlichen Anhörung lag auf der Frage, ob eine Aufhebung des derzeit nur ruhenden Vermögensteuergesetzes bewirken könnte, dass die Länder landeseigene Vermögensteuern erheben. Denn die Vermögensteuer ist per se eine Ländersteuer, ihre Erträge kam den Ländern zu. Prof. Johanna Hey von der Universität zu Köln vertritt dazu die Ansicht, dass die Länder schon derzeitig nicht an der Einführung eigener Vermögensteuern gehindert wären, da das Bundesgesetz derzeit (nur) unwirksam sei. Darüber hinaus bestünden aus ihrer Sicht daran Zweifel, dass ein Aufhebungsgesetz solche Ländergesetze ausdrücklich sperren könnte. Ebenfalls merkte sie an, dass bei einer Wiedereinführung ein Missverhältnis zwischen den Erhebungskosten auf der einen Seite und dem Steueraufkommen auf der anderen Seite dazu führen könnte, dass die Vermögensteuer erneut verfassungswidrig sei, da ein Grundrechtseingriff, wie ihn eine Vermögensteuer darstelle, verhältnismäßig sein müsse.
Prof. Gregor Kirchhof von der Universität Augsburg merkte an, dass eine unterschiedliche Besteuerung in den Ländern die Wirtschaftseinheit in Deutschland gefährden könnte. Im Rahmen einer erneuten Erhebung der Vermögensteuer sehe er vor allem Schwierigkeiten bei der Bewertung der Ertragsfähigkeit, welche oftmals sehr schwierig sei.
Prof. Hanno Kube von der Universität Heidelberg konstatierte, dass er in der weiterhin bestehenden Existenz des Vermögensteuergesetzes, aber dessen Nichtanwendung eine „überaus unbefriedigende Rechtslage“ sehe. Er begrüße daher den Gesetzentwurf zur Aufhebung. Nach seiner Auffassung würde ein solches Bundesgesetz auch die Länder an der Einführung eigener Vermögensteuern hindern.
Prof. Jan Schnellenbach (TU Cottbus-Senftenberg) wies darauf hin, dass eine Erhebung der Vermögensteuer nicht an die Vermögens-Substanz gehen dürfe. Aufgrund des derzeitig niedrigen Zinsniveaus müsse der Steuersatz ferner sehr niedrig liegen. Dies würde jedoch auf ein niedriges Steueraufkommen hinauslaufen, welchem aber hohe Fixkosten für den Staat wie den Steuerzahler gegenüberstünden. Das spreche unter ökonomischen Aspekten eher gegen eine Vermögensteuer.
Klare Regeln sinnvoll
Insbesondere aufgrund der Bewertungsungleichheit zwischen den Vermögensarten hatte das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 22.06.1995 eine Verfassungswidrigkeit der Vermögensteuer bejaht. Da der Gesetzgeber eine Umsetzung der Vorgaben der Verfassungsrichter bis zur vom Gericht gesetzten Reformfrist am 31.12.1996 nicht realisierte, trat die Besteuerung von Vermögen aufgrund des Richterspruchs entsprechend außer Kraft. Die nun von der FDP-Bundestagsfraktion vorgeschlagene Abschaffung ist dazu geeignet, einen finalen Schlussstrich unter die Vermögensteuer zu ziehen. Dies wäre m.E. auch sinnvoll. Denn gerade die verfassungsfeste Ausgestaltung der Besteuerung von Vermögen stellt eine große Herausforderung dar und geht damit einher, dass die Vermögensteuer mit zu den verwaltungsaufwändigsten Steuerarten gehört. Nicht unterschätzt werden darf allerdings der Ruf derjenigen, die eine Revitalisierung für äußerst sinnvoll halten. Denn Insbesondere in Zeiten von Corona ist der Appell an den Gesetzgeber nach einer gerechteren Besteuerung vielerorts deutlich(er) zu hören.
Ob dies allerdings tatsächlich mit der Neuauflage der Vermögensteuer realisiert werden könnte, sollte bezweifelt werden.