Betreiber elektronischer Marktplätze ermöglichen Unternehmen im Inland, in der Europäischen Union oder Drittländern, im Internet Waren anzubieten oder zu verkaufen. Allerdings kommt es dabei verstärkt zur Umsatzsteuerhinterziehung, insbesondere im Warenhandel aus Drittländern. Ich habe bereits berichtet: Das ursprünglich als „JStG 2018“ bezeichnete Gesetz will Umsatzsteuerausfälle beim Warenhandel auf elektronischen Marktplätzen verhindern. Betreiber von elektronischen Marktplätzen sollen deshalb bestimmte Nutzerdaten aufzeichnen, ferner für entstandene, jedoch nicht abgeführte Umsatzsteuer aus den auf ihrem elektronischen Marktplatz ausgeführten Umsätzen in Haftung genommen werden. Die soll insbesondere dann gelten, wenn Unternehmer, die im Inland steuerpflichtige Umsätze erzielen und hier steuerlich nicht registriert sind, auf ihrem Marktplatz Waren anbieten.
Gesetz vom Finanzausschuss beschlossen
Jetzt wurde der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines „Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet“ – ehemals JStG 2018 – (BT-Drucks. 19/4455, 19/4858) mit Änderungsanträgen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD vom BT-Finanzausschuss am 07.11.2018 final beschlossen (BT-Drucks. 19/5595). Die abschließende Zustimmung des Bundesrates dürfte nur noch Formsache sein, das Gesetz kommt also.
Verschärfte Aufzeichnungspflichten von Plattformbetreibern
Kern des neuen Gesetzes sind Aufzeichnungspflichten von Marktplatzbetreibern im Internet und deren Umsatzsteuerhaftung: Durch § 22f UStG (neu) werden Betreiber von elektronischen Marktplätzen ab 01.01.2019 verpflichtet, Angaben von Nutzern, für deren Umsätze in Deutschland eine Steuerpflicht in Betracht kommt, aufzuzeichnen. Diese sind:
- der vollständige Name und die vollständige Anschrift des liefernden Unternehmers,
- die dem liefernden Unternehmer von dem nach § 21 der AO zuständigen Finanzamt erteilte Steuernummer und – soweit vorhanden – die ihm vom BZSt erteilte UStID,
- das Gültigkeitsdatum (Beginn und Ende) einer Finanzamtsbescheinigung über die steuerliche Erfassung des liefernden Unternehmers, die auf Antrag des Unternehmers vom zuständigen Finanzamt erteilt wird und deren Ausstellung verweigert werden kann, wenn der Unternehmer seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, ferner nicht zu erwarten ist, dass er diesen künftig nachkommen wird,
- der Ort des Beginns der Beförderung oder Versendung sowie der Bestimmungsort und
- der Zeitpunkt und die Höhe des Umsatzes.
Umsatzsteuerhaftung von Plattformbetreibern
25e – neu – UStG regelt die Gefährderhaftung des Betreibers eines elektronischen Marktplatzes für die nicht entrichtete Umsatzsteuer aus der Lieferung eines Unternehmers, die auf dem von ihm bereitgestellten Marktplatz rechtlich begründet worden ist. Danach haftet der Betreiber nur dann nicht, wenn er eine Bescheinigung der Finanzverwaltung vorlegt (§ 25e Abs.2 S. 1 UStG). Eine Exkulpation ist allerdings nicht möglich, wenn der Betreiber Kenntnis davon hatte oder hätte haben müssen, dass der liefernde Unternehmer seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht nachkommt (§ 25e Abs. 3 UStG). „Kenntnis“ oder „Kennen müssen“ ist nach der Vorstellung des Gesetzgebers anzunehmen, wenn „der Betreiber des elektronischen Marktplatzes ihm offensichtliche oder bekanntgewordene Tatsachen außer Acht lässt, die auf eine umsatzsteuerliche Pflichtverletzung des auf seinem Marktplatz tätigen Unternehmers schließen lassen. Das „Kennen müssen“ soll sich dabei nur auf Anhaltspunkte beziehen, „die dem Betreiber im Rahmen seines eigenen Unternehmens zur Kenntnis gelangen und den Schluss der umsatzsteuerlichen Pflichtverletzung nahelegen“ (BT-Drucks. 19/5595, S.60). Das bedeutet: Der Marktplatzbetreiber ist nicht zu einem „aktiven Ausforschen“ des auf seinem Marktplatz tätigen Unternehmens verpflichtet; er ist auch nur für Umsätze auf seinem eigenen Portal verantwortlich.
Der Marktplatzbetreiber muss den auf seinem Portal tätigen Unternehmer auf die Pflichtverletzung hinweisen und auffordern, diese abzustellen. Bleibt dieser untätig, muss der Marktplatzbetreiber ihn vom weiteren Handel ausschließen. Ansonsten haftet der Marktplatzbetreiber nach Ablauf einer angemessenen Frist (der Gesetzgeber spricht von „mindestens einem Monat“) für die nicht abgeführte Umsatzsteuer ab diesem Zeitpunkt.
Wann gelten die neuen Regeln?
Die Haftung greift in Bezug auf Drittlands-Anbieter bereits ab dem 01.03.2019, für alle anderen ab dem 01.10.2019 (§ 27 Abs. 25 Satz 4 UStG-neu). Das bedeutet: Betreiber von elektronischen Marktplätzen haben nicht viel Zeit, um die erforderlichen Vorkehrungen insbesondere für Aufzeichnungspflichten zu treffen.
Fazit
Mit dem neuen Gesetz wird es künftig für ausländische Händler schwieriger, ihren Umsatzsteuerpflichten in Deutschland nicht nachzukommen. Das ist gut so: Für den Fiskus, aber auch für den Abbau von Wettbewerbsnachteilen von inländischen, steuerehrlichen Unternehmen. Allerdings werden den Marktplatzbetreibern werden kostenintensive Aufzeichnungspflichten aufgebürdet, deren Erfüllungsaufwand immens ist. Und Marktplatzbetreiber müssen mit einem erheblichen Haftungsrisiko für nicht abgeführte Umsatzsteuern leben. Das erfordert einen erheblichen Beobachtungsaufwand von Marktplatzbetreibern, wollen sie nicht in die Haftungsfalle treten. Auch für den Gesetzgeber ist die Arbeit noch nicht getan: Er hat die „schnellstmögliche Umsetzung einer elektronischen Abfragemöglichkeit für Betreiber elektronischer Marktplätze“ angekündigt (BT-Drucks.19/4858 und BR-Drucks. 372/18 (B)) – bleibt zu hoffen, dass die Onlineabfrage bald kommt.
Weitere Informationen:
BT-Drucks. 19/4455, 19/4858; 19/5595; BR-Drucks. 372/18 (B)
(dip21.bundestag.de/www. bundesrat.de)
Lesen Sie hierzu auch meinen Beitrag:
Kampf dem Umsatzsteuerbetrug im Online-Handel – Aber bitte mit Augenmaß!