Altersdiskriminierung – Kündigung wegen Rente auch im Kleinbetrieb unwirksam

„Niemand hört es gern, dass man Greis ihn nennt“, so Johann Wolfgang von Goethe. Da hat Herr von Goethe etwas erkannt. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied jüngst (BAG, Urteil vom 23.07.2015 – 6 AZR 457/14) – ganz im Sinne Goethes – dass eine Arbeitgeberkündigung, die aufgrund der Erreichung des Rentenalters erfolgt, altersdiskriminierend und daher unwirksam sei. Dies gelte auch im Kleinbetrieb.Zunächst zum Sachverhalt: Einer 63-jährigen medizinisch-technischen Assistentin – hauptsächlich im Labor der Arztpraxis eingesetzt – wurde seitens des Arbeitgebers ordentlich gekündigt. Ihre jüngeren Kolleginnen durften dagegen bleiben. Es handelte sich um einen Kleinbetrieb, so dass das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) keine Anwendung fand. Auf dem Kündigungsschreiben war vermerkt, dass die Arbeitnehmerin inzwischen ja pensionsberechtigt sei. So nicht, dachte sich die Dame und erhob Kündigungsschutzklage und Klage auf Zahlung einer Geldentschädigung zum zuständigen Arbeitsgericht. Der Hinweis darauf, dass sie inzwischen pensionsberechtigt sei, stelle eine Altersdiskriminierung dar.

Das BAG gab ihr schließlich Recht. Denn eine Kündigung des Arbeitsgebers aufgrund der Berechtigung zum Bezug von Altersrente sei altersdiskriminierend und daher – auch im Kleinbetrieb – unwirksam.

Der Arbeitgeber hatte im Prozess noch versucht zurückzurudern: Man habe die Kündigung mit dem Hinweis auf die Altersrente der Arbeitnehmerin nur freundlich und verbindlich formulieren wollen. Die Kündigung sei eigentlich erfolgt, da man damit rechnete, dass in Zukunft 70 bis 80 % der abrechenbaren Laborleistungen entfallen werden.

Doch dieser Vortrag hat den Arbeitgeber nicht retten können. Denn nach Ansicht des BAG habe der Arbeitgeber keinen ausreichenden Beweis dafür angeboten, dass die wegen der Erwähnung der Pensionsberechtigung zu vermutende Altersdiskriminierung nicht vorliege.

Wir erinnern uns: Da im Kleinbetrieb das KSchG keine Anwendung findet, darf der Arbeitgeber – unter Beachtung gewisser Grundsätze wie etwa das Diskriminierungsverbot – ohne bestimmten Grund kündigen. Der Vortrag des Arbeitgebers, die Laborarbeiten würden fast komplett eingestellt, hätte also eigentlich die Kündigung stützen können. Das Problem war einzig der Hinweis, die Arbeitnehmerin sei inzwischen pensionsberechtigt. Das Diskriminierungsverbot gilt nämlich auch im Kleinbetrieb.

Tipp für Arbeitgeber: Niemals den Kündigungsgrund im Kündigungsschreiben angeben! Das gilt sowohl für den Kleinbetrieb als auch für Unternehmen, die mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigen. Zum einen ist man dann im Prozess auf diesen beschränkt und darf keine weiteren Gründe nachschieben. Zum anderen schleichen sich hier schnell Fehler ein, wie obiger Fall sehr schön zeigt. Auf Verlangen des Arbeitnehmers sind zwar grundsätzlich die Kündigungsgründe mitzuteilen. Dies kann aber auch erst in einem späteren Prozess geschehen, den man – so hoffe ich – mit einem Rechtsbeistand führt.

Besonders bitter für den beklagten Arbeitgeber waren zudem die geltenden Beweislastregeln. Denn trägt der Arbeitnehmer Indizien (wie z.B. den Hinweis „inzwischen pensionsberechtigt) vor, die eine Benachteiligung vermuten lassen, muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen, dass kein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot vorliegt. Im obigen Fall ist dies dem Arbeitgeber offensichtlich nicht gelungen.

Das Urteil kassiert jedoch nicht die sog. Rentenaltersklauseln. Diese dürfen auch weiterhin verwendet werden. Hier wird im Arbeitsvertrag selbst vereinbart, dass mit Erreichung des Rentenalters das Arbeitsverhältnis automatisch beendet wird. Auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) hält die Rentenaltersklauseln und den damit bezweckten Generationswechsel derzeit immer noch für sachgerecht.

 

 

 

 

Ein Kommentar zu “Altersdiskriminierung – Kündigung wegen Rente auch im Kleinbetrieb unwirksam

  1. Eine Kündigungsschutzklage kann in Fällen von Altersdiskriminierung eine wirksame Maßnahme sein. Der verlinkte Beitrag beleuchtet die Unwirksamkeit von Kündigungen aufgrund des Renteneintritts, selbst in Kleinbetrieben. Es ist wichtig, sich über die eigenen Rechte zu informieren und gegebenenfalls rechtlichen Rat einzuholen, um gegen eine ungerechtfertigte Kündigung vorzugehen.

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