Gefürchtet, oft kritisiert und dennoch standhaft: die Steuerfalle „einheitlicher Erwerbsgegenstand“ alias „einheitliches Vertragswerk“ im Grunderwerbsteuerrecht. Es geht darum, dass bei einer Verbindung von Grundstückskauf- und Bauvertrag die Grunderwerbsteuer auch auf den Baupreis und nicht nur auf den Preis für den Grund und Boden entsteht. Oder wie es genau in § 8 Abs. 2 Satz 2 GrEStG heißt: „Erstreckt sich der Erwerbsvorgang auf ein noch zu errichtendes Gebäude oder beruht die Änderung des Gesellschafterbestandes im Sinne des § 1 Absatz 2a oder 2b auf einem vorgefassten Plan zur Bebauung eines Grundstücks, ist der Wert des Grundstücks abweichend von § 157 Absatz 1 Satz 1 des Bewertungsgesetzes nach den tatsächlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes maßgebend.“
Nun wird immer wieder versucht, die Steuerfalle zu umgehen – oftmals ohne Erfolg. Immerhin haben diejenigen die Steuerfalle aber erkannt. Andere tappen in die Falle, ohne im Geringsten daran gedacht zu haben, dass bis zu 6,5 Prozent auf den Baupreis fällig werden könnte. Wie dem auch sei: Die Kosten für die Errichtung eines Hauses können extrem steigen. Und das gilt auch bei einer äußerst losen Verbindung zwischen Grundstückskauf- und Bauvertrag, wie ein aktueller Beschluss des BFH zeigt. Danach gilt: Ein objektiv sachlicher Zusammenhang zwischen einem Grundstückskaufvertrag und einem Bauvertrag, der zur Einbeziehung der Baukosten in die grunderwerbsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage führen kann, setzt nicht zwingend voraus, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags ein rechtswirksames Angebot zum Abschluss eines Bauvertrags vorlag (BFH-Beschluss vom 7.2.2022, II B 6/21).
Der Sachverhalt in Kurzform: Die Kläger erwarben mit notariell beurkundetem Vertrag vom 11.9.2017 zu je ein Halb ein unbebautes Grundstück, zwar mit Bauverpflichtung, jedoch ausdrücklich ohne Bauträger- oder Architektenbindung. Dem war die Tätigkeit einer Projektierungsgesellschaft vorausgegangen, die die Grundstücke für die Veräußerin vermarktete und dabei verschiedene Haustypen unter Angabe von Architekten bzw. Bauunternehmern vorstellte. Änderungen hieran sowie individuelle Entwürfe mussten über die Projektierungsgesellschaft genehmigt werden. Bereits im Juli 2016 schlossen die Kläger mit dieser Gesellschaft über das Grundstück eine Reservierungsvereinbarung, in der die Errichtung eines bestimmten Haustyps durch einen dritten Bauträger angedacht war. Dieser Bauträger stellte für die Kläger den Bauantrag. Ende 2017 schlossen die Kläger mit diesem Bauträger den Bauvertrag, auf Grundlage dessen auf dem Grundstück ein Haus des ins Auge gefassten Typs errichtet wurde. Das Finanzamt setzte Grunderwerbsteuer fest und bezog die Baukosten in die Bemessungsgrundlage ein. Einspruch, Klage und NZB blieben ohne Erfolg.
Der Zusammenhang zwischen Grundstückskauf- und Bauvertrag müsse zwar zum Zeitpunkt des Grundstückskaufvertrags bestehen. Dies bedeute aber nicht, dass zu diesem Zeitpunkt auch der Bauvertrag tatsächlich abgeschlossen und die Bauverpflichtung rechtswirksam begründet sein müsste. Ein vorhandenes Angebot müsse auch keine rechtlichen Mindestvoraussetzungen erfüllen, insbesondere nicht rechtswirksam und damit verbindlich sein.
Der Beschluss bestätigt unter anderem das BFH-Urteil vom 1.10.2014 (II R 32/13). Hier heißt es im Tenor unter anderem: Auf der Veräußererseite können mehrere Personen als Vertragspartner auftreten …. Entscheidend ist insoweit, dass (auch) der den Grundstücksübereignungsanspruch begründende Vertrag in ein Vertragsgeflecht miteinbezogen ist, das unter Berücksichtigung aller Umstände darauf gerichtet ist, dem Erwerber als einheitlichen Erwerbsgegenstand das Grundstück in bebautem Zustand zu verschaffen …
Ich frage mich seit Jahren, warum der Staat einerseits zu hohe Mieten beklagt, diese andererseits aber mittelbar über die Grunderwerbsteuer und speziell auch über § 8 Abs. 2 Satz 2 GrEStG verteuert. Bei einer angenommenen grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage von 300.000 Euro beträgt die Grunderwerbsteuer in vielen Bundesländern 19.500 Euro. Ein Investor/Vermieter legt diese natürlich in seiner internen Kalkulation auf die Mieter um, und zwar nicht über einen Zeitraum von 40 oder 50 (AfA-)Jahren, sondern vielleicht über einen Zeithorizont von nur 10 oder 15 Jahren. Jeder kann sich selbst ausrechnen, was das für die Mieten bedeutet.