„In der Kürze liegt die Würze.“ – Manchmal aber auch das Missverständnis.
Das FG Baden-Württemberg führt in einer Pressemitteilung zum Urteil vom 9. Februar 2017 (Az. 1 K 841/15) aus, dass Verluste aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage auch bei negativer Gewinnprognose steuerlich anzuerkennen sein können.
Diese Aussage erscheint weitreichend – und stellt verlockend so manche Streitbeilegung im Rechtsbehelfsverfahren mit der Finanzverwaltung in Aussicht.
Es lohnt sich jedoch, das Urteil im Detail nachzuvollziehen.
Vorwarnung: Für den steuerlichen Berater ist (nur) Enttäuschung vorprogrammiert.
Denn die Pressemitteilung kann nicht wirklich halten, was sie zunächst verspricht…
Der entscheidende Senat nimmt im Leitsatz bereits einige Einschränkungen vor:
Beruht die Tätigkeit des Steuerpflichtigen nicht auf einkommensteuerrechtlich unbeachtlichen Motiven und verhält sich der Steuerpflichtige wie ein Gewerbetreibender, in dem er – im Rahmen seiner Möglichkeiten – alles unternimmt, um die Verluste gering zu halten, ist die Gewinnerzielungsabsicht auch dann zu bejahen, wenn die Ergebnisprognose ergibt, dass ein Totalgewinn selbst bei Zugrundelegung aller für den Steuerpflichtigen günstigen Annahmen nicht erzielt werden kann.
Einschränkung (1):
Die Tätigkeit des Steuerpflichtigen beruht nicht auf einkommensteuerlich unbeachtlichen Motiven.
Im Urteilsfall erwarb der Steuerpflichtige von einer Betreibergesellschaft zwei Photovoltaikanlagen innerhalb eines größeren Flächensolarparks. Die Verwaltung oblag der Betreibergesellschaft.
Eine Vergleichbarkeit mit Photovoltaikanlagen, die auf eigengenutzten Ein- und Mehrfamilienhäusern errichtet wurden, scheidet hiernach bereits aus. Gerade diese Anlagen sind jedoch häufig streitanfällig hinsichtlich der Totalgewinnprognose – wegen der Verknüpfung von eigenverbrauchtem Strom, Finanzierungs- und Wartungskosten sowie häuslichem Arbeitszimmer zur privaten Sphäre des Steuerpflichtigen.
Einschränkung (2):
Der Steuerpflichtige unternimmt – im Rahmen seiner Möglichkeiten – alles, um die Verluste gering zu halten.
Im entschiedenen Einzelfall hatte der Steuerpflichtige wiederholt das Gespräch mit der Betreibergesellschaft gesucht, die Finanzierungskosten wurden gesenkt und die Effizienz der Anlage wurde durch technische Maßnahmen wie die Überprüfung der Verkabelung des Solarparks, die Überprüfung der Module und die Reinigung der Moduloberflächen gesteigert.
Diese besonderen Bemühungen des Steuerpflichtigen hat das FG in die Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht einbezogen und die Absicht ausdrücklich auch wegen dieser Aktivitäten bejaht.
Welche Bemühungen dem Steuerpflichten – im Rahmen seiner Möglichkeiten – zumutbar waren, ist in jedem Einzelfall gesondert zu eruieren. Dabei ist die Art der Photovoltaikanlage zu beachten. Bei Kleinst-Anlagen dürften derartige Möglichkeiten sehr begrenzt sein.
Aufgrund dieser – umfangreichen – Einschränkungen hält der Anwendungsbereich des FG-Urteils in vergleichbaren Fällen in der Praxis in Grenzen.
Der entschiedene Einzelfall ist sehr spezifisch und kann daher nur auf wenige Sachverhalte übertragen werden.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Fazit:
Das FG Baden-Württemberg hat sich erfreulich ausführlich mit der Thematik Totalgewinnprognose bei Photovoltaikanlagen auseinandergesetzt.
Nicht mehr – und nicht weniger…