Änderungen bei Mini- und Midijobs geplant – Eine erste Einordnung und Bewertung

Das BMAS hat einen Gesetzentwurf mit Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung, aber auch verschärfte Aufzeichnungspflichten für Arbeitgeber vorgelegt. Eine erste Bewertung.

Hintergrund

Geringfügige und kurzfristige, geringfügige Beschäftigungen haben eine Reihe von sozialversicherungsrechtlichen und steuerlichen Vorteilen. Sie sind deshalb für etliche Beschäftigungsgruppen (Studenten, Rentner etc.) attraktiv und sind auch für Arbeitgeber nützlich, etwa um Arbeitsspitzen abzufedern. Die bisherige Geringfügigkeitsgrenze von 450 Euro/Monat ist seit Jahren unverändert geblieben – obwohl mit Rücksicht auf den gestiegenen Mindestlohn und die hiermit verbundene reduzierte Arbeitszeit von Minijobbern immer wieder eine Anhebung gefordert wurde.

BMAS-Entwurf plant Anhebung der Geringfügigkeitsgrenzen

Der Referentenentwurf des BMAS sieht jetzt vor, dass parallel zur Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro zum Oktober 2022 die Geringfügigkeitsgrenze bei Minijobs von 450 Euro auf 520 Euro/Monat angehoben wird. Ferner soll diese Grenze auf Basis von 10 Stunden pro Woche dynamisiert werden, damit geringfügig Beschäftigte bei zukünftigen Mindestlohnanpassungen ihre Arbeitszeit nicht mehr reduzieren müssen. Zudem sind gesetzliche Kriterien zu den Voraussetzungen eines „gelegentlichen unvorhergesehenen Überschreitens“ der Geringfügigkeitsgrenze geplant. Auch die Obergrenze des Übergangsbereichs bei Midijobs soll von 1.300 Euro auf 1.600 Euro/Monat angehoben werden.

Der Arbeitgeberbeitrag im unteren Übergangsbereich soll erhöht und gleitend von dann 28 Prozent auf den regulären Sozialversicherungsbeitrag von in der Regel 19,9 Prozent abgeschmolzen werden.

Daneben sieht der Referentenentwurf Neuregelungen zu den in § 17 Mindestlohngesetz geregelten Arbeitszeitaufzeichnungspflichten vor: Künftig sollen der Beginn der täglichen Arbeitszeit jeweils „unmittelbar bei Arbeitsaufnahme“ sowie Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit jeweils „am Tag der Arbeitsleistung“ elektronisch und manipulationssicher aufgezeichnet und elektronisch aufbewahrt werden.

Wie ist das zu bewerten?

Die Wirtschaftsverbände haben sich schon vor geraumer Zeit für eine Anhebung und Dynamisierung der Minijobgrenze ausgesprochen. Der jetzige Gesetzentwurf, mit dem der Koalitionsvertrag umgesetzt wird, war also überfällig, gut dass er endlich kommt. Allerdings hat der Entwurf meines Erachtens auch einige „Haken und Ösen“:

Zunächst ist fraglich, ob die vorgesehenen Regelungen weit genug gehen und nicht besser eine Ausweitung auf eine Arbeitszeit von 50 Stunden pro Monat erfolgen sollte. Einige Verbände haben das bereits gefordert.

Der Anhebung des Arbeitgeberbeitrags beim pauschalierten Sozialversicherungsbeitrag im unteren Übergangsbereich mit anschließender Abschmelzung führt beim Arbeitgeber zu deutlichen Mehrkosten.

Vor allem aber ist die beabsichtigte Arbeitszeiterfassung bei Minijobbern kaum praktikabel und schwer umsetzbar. Bisher sind Arbeitgeber verpflichtet, die Arbeitszeit der Beschäftigten innerhalb von sieben Tagen aufzuzeichnen, auch in Papierform ist das möglich. Die jetzt  vorgesehene Pflicht zur künftig rein elektronischen Arbeitszeitaufzeichnung bei Minijobs  führt für die Unternehmen zu einer unverhältnismäßigen Belastung; die Wirtschaft wird nach dem Gesetzentwurf durch zusätzliche Bürokratiekosten aus Informationspflichten in Höhe von jährlich rund 37 Mio. Euro belastet – kaum zu verstehen. Wenigstens Ausnahmen für kleine und mittelständische Unternehmen sowie mobile Tätigkeiten scheinen daher erforderlich. Denn eine zentrale Erfassung der Arbeitszeit bei wechselnden Einsatzorten – etwa Bau- und Ausbaugewerbe oder im Gebäudereiniger-Handwerk – ist praktisch schwierig, ja unmöglich. Eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Zeiterfassung würde folglich mobile Endgeräte der Arbeitnehmer erfordern, die die Arbeitszeiten erfassen – aber sind solche digitalen Bewegungsprofile dann mit dem persönlichen Datenschutz vereinbar?

Vor diesem Hintergrund ist deshalb ausdrücklich zu begrüßen, dass die Bundesregierung anlässlich des am 23.2.2022 auf den Weg gebrachten Änderungen des  Mindestlohngesetzes verabredet hat, dass  BMAS sowie BMF gemeinsam prüfen werden, wie durch elektronische und manipulationssichere Arbeitszeitaufzeichnungen die Durchsetzung des Mindestlohns weiter verbessert werden kann, ohne dass insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen durch die Anschaffung von Zeiterfassungssystemen beziehungsweise digitalen Zeiterfassungsanwendungen übermäßig belastet werden.

Ohne diese Nachbesserung wären die ursprünglich beabsichtigten Regeln zur digitalen Arbeitszeiterfassung gerade kein Beitrag zum Bürokratieabbau durch Digitalisierung (Gesetzentwurf, Begründung, S. 16), sondern würden eher das Gegenteil bewirken.

(Stand: 24.2.22: 10:00 Uhr)

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