Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 16.05.2017 – 9 AZR 572/16) ändert seine Rechtsprechung zur Urlaubsabgeltung.
Nach § 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) steht jedem Arbeitnehmer ein Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub zu. Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt dabei 24 Werktage bei einer Fünf-Tage-Woche, § 3 Abs.1 BUrlG. Nach § 7 Abs.3 BUrlG muss der Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das letzte auf das nächste Kalenderjahr ist nur standhaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Falle der Übertragung musste Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden.
Vom Grundsatz her ist Urlaub also „in natura“ zu gewähren und nicht durch Geldzahlung.
Im Streitfall handelte es sich um einen Anspruch auf Ersatzurlaub wegen des Eintritts in die Freistellungsphase der Altersteilzeit. Aus diesem Grunde konnte der Ersatzurlaub nicht mehr in natura gewährt werden. Bislang gewährte die höchstrichterliche Rechtsprechung des BAG eine Urlaubsabgeltung in Geld.
Das BAG hat hier jedoch eine Kehrtwende gemacht.
Das BAG hat ausgeführt, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber nicht gemäß § 251 Abs. 1 BGB statt der Gewährung von Ersatzurlaub Schadensersatz in Geld verlangen kann. Der Anspruch auf Abgeltung von Ersatzurlaub richte sich nach den Vorgaben des § 7 Abs. 4 BUrlG. Danach besteht ein Abgeltungsanspruch nur dann, wenn der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr genommen werden kann.
Grundsätzlich hat das BAG dazu ausgeführt, dass sich in dem Fall, wenn der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber rechtzeitig Urlaub verlangt und dieser nicht gewährt wird, der Urlaubsanspruch in einen Schadensersatzanspruch umwandelt. Ein Schadensersatz in Geld wegen verfallenen Urlaubs wäre faktisch jedoch eine nicht zulässige Abgeltung von Urlaub. Der Ersatzurlaubsanspruch trete als Schadensersatzanspruch an die Stelle des ursprünglichen Urlaubsanspruchs. Aus dem Urlaubsanspruch entsteht daher als Schaden Ersatzurlaubsanspruch. Der Ersatzurlaub ist dann abzugelten, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann.
Reihenfolge:
- Urlaubsanspruch
- Ersatzurlaubsanspruch als Schadensersatz „in natura“
- Urlaubsabgeltung in Geld nur bei beendetem Arbeitsverhältnis
Dies war im Streitfall gerade nicht der Fall. Das Arbeitsverhältnis bestand während der Freistellungsphase in der Altersteilzeit fort.
Fazit: Dies hat über den Einzelfall hinaus erhebliche Bedeutung. Wenn einem Arbeitnehmer der rechtzeitig beantragte Jahresurlaub nicht bis zum 31.12. gewährt wird, so hat er einen Anspruch auf Ersatzurlaub als Schadensersatz bis zum 1. April des Folgejahres. Danach verfällt der Anspruch – es besteht kein Anspruch auf Schadensersatz in Geld.
Der Arbeitnehmer hat also in Zukunft sehr darauf zu achten, seinen Urlaub rechtzeitig zu beantragen. Wird er nicht bis zum 31.12. gewährt oder vom Arbeitnehmer beansprucht, so ist eine Übertragung bis zum 1.4. nur in Ausnahmefällen möglich (s.o.) Der Arbeitsnehmer sollte also rechtzeitig eine vertragliche Regelung mit seinem Arbeitgeber treffen oder noch im alten Jahr den gerichtlichen Weg beschreiten. Im Idealfall für den Arbeitnehmer: nach Möglichkeit rechtzeitig sämtliche Urlaubstage verplanen und beantragen. Für den Arbeitgeber: alle Urlaubswünsche genehmen – es gilt der Grundsatz „Gewährung nach billigem Ermessen“. Planungssicherheit ist für beide Parteien von Vorteil.
Weitere Informationen:
Sehr geehrter Herr Berners,
zu Ihren Ausführungen möchte ich folgendes konkretisieren:
„§ 3 Dauer des Urlaubs
(1)Der Urlaub beträgt jährlich mindestens 24 Werktage.
(2)Als Werktage gelten alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind.“
der Mindesturlaub beträgt daher bei einer Fünf-Tage-Woche 20 (Arbeits)tage