Die handelsrechtlichen Vorgaben für die Auswahl eines Abschreibungsverfahrens sind überschaubar. Während das HGB hierzu keine konkrete Regelung enthält, wird die Auffassung vertreten, die gewählte Methode dürfe dem Werteverlauf nicht offensichtlich zuwiderlaufen. Das wird erreicht, wenn die Abschreibungsmethode den wirtschaftlichen und betriebsindividuellen Gegebenheiten und Erwartungen an den abzuschreibenden Vermögensgegenstand Rechnung trägt und den GoB entspricht. Sie führt dann zu einer sinnvollen und nicht willkürlichen Verteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten.
In der Praxis dürften lineare, degressive, leistungsabhängige und die linear-degressive Abschreibungsmethode vorherrschend sein. Die IFRS kennen für Sachanlagen eine Verfeinerung der Abschreibung i.S. des Komponentenansatzes. Dieser ist auch handelsrechtlich einsetzbar.
Nach dem Komponentenansatz des IAS 16 sind wesentliche Bestandteile eines Vermögenswertes (Komponenten) einer gesonderten Abschreibungsberechnung zu unterziehen, sofern die Bestandteile einem von anderen Komponenten abweichenden Abnutzungsverlauf unterliegen. Beispiele für die Anwendung können die gesonderte Abschreibungsberechnung für Teile eines Flugzeugs oder die Ausmauerung eines Hochofens sein. Bei Gebäuden können etwa tragende Teile, Dacheindeckung, Fenster und Gebäudetechnik deutlich unterschiedliche Nutzungsdauern haben und betragsmäßig von hinreichendem Gewicht sein, so dass auch die Anforderung der Wesentlichkeit erfüllt wird.
Die Summe der Komponentenabschreibungen bestimmt dann die Gesamtabschreibung des Vermögenswertes, der Bilanzierungsobjekt bleibt. Gegenüber der einheitlichen Abschreibung des Vermögenspostens ergibt sich in der Anfangsphase eine Beschleunigung des Abschreibungsverlaufes. Werden Komponenten mit kürzerer Nutzungsdauer ausgetauscht, etwa bei Neueindeckung eines Daches, werden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der neuen Komponente nicht als Instandhaltungsaufwand, sondern buchwerterhöhend erfasst. Die abgegangene Komponente wurde zuvor abgeschrieben.
Der Komponentenansatz ist nach IFRS nur dann anwendungspflichtig, wenn sich im Vergleich zur einheitlichen Abschreibung wesentliche Unterschiede im Abschreibungsverlauf ergeben. Die Beurteilung erfolgt im Einzelfall unter Berücksichtigung betriebsindividueller Verhältnisse.
Zwar ist die Orientierung an den tatsächlichen Verhältnissen bezüglich der Bestandteile des Abschreibungsplans in den IFRS ausgeprägter als nach h.M. im HGB. Dennoch spricht vieles dafür, dass die Anwendung des Komponentenansatz auch nach HGB zulässig ist. Er unterstützt das Ziel einer sinnvollen, nicht willkürlichen Verteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten, indem durch die differenzierte Behandlung der Komponenten eine tatsachengetreuere Abgrenzung des Periodenaufwands vorgenommen und eine zutreffendere Darstellung der Vermögenslage erreicht wird. Auch der Planmäßigkeit wird genüge getan.
Handelsrechtlich hält das Institut der Wirtschaftsprüfer die Anwendung des Komponentenansatzes in der handelsrechtlichen Rechnungslegung dann für zulässig, wenn es sich um physisch austauschbare Komponenten handelt. Mujkanovic/Raatz haben die Anwendungsmöglichkeit etwas großzügiger eingeschätzt und zudem vor dem Hintergrund des Grundsatzes der Bilanzwahrheit im Falle wesentlicher Auswirkungen entgegen der herrschenden Meinung eine Anwendungspflicht der Komponentenabschreibung auch nach HGB befürwortet.
Der Umstieg auf die Komponentenabschreibung ist trotz des Grundsatzes der Bewertungsstetigkeit durch das bessere Bild von der Vermögens- und Ertragslage begründbar (§ 252 Abs. 2 HGB). Fraglich ist, welche Folgen ein Methodenwechsel hat. Der letzte Buchwert, der sich nach der alten Abschreibungsmethode ergeben hat, wird regelmäßig von dem Buchwert abweichen, der sich bei Anwendung der Komponentenabschreibung von Nutzungsbeginn an ergeben hätte.
Nach IFRS wird bei Fehlen abweichender Vorschriften eine retrospektive Anpassung verlangt. Nach HGB erfolgt die Anpassung in laufender Rechnung. Eine Wertherabsetzung des betroffenen Vermögensgegenstands über eine außerplanmäßige Abschreibung wäre nur dann zulässig, wenn dies durch den beizulegenden Wert begründbar wäre. Für eine Zuschreibung fehlt es an der Voraussetzung des Wegfalls der Gründe für eine vorhergehende außerplanmäßige Abschreibung.
Im Ergebnis wird bei Umstellung auf die Komponentenabschreibung der Restbuchwert des Vermögensgegenstandes auf die Komponenten aufzuteilen sein. Entsprechend der jeweiligen Restnutzungsdauer der Komponenten erfolgt dann die Abschreibung der Komponenten.
Weitere Informationen:
- IDW, RH HFA 1.016
- Mujkanovic/Raatz, Der Component Approach nach IAS 16 im HGB-Abschluss?, KoR 2008, S. 245-250
- Lüdenbach, Behandlung des Unterschiedsbetrags bei Übergang zur Komponentenabschreibung, StuB 2018, S. 634 (für Abonnenten kostenfrei)