Beitragslücken in der gesetzlichen Rentenversicherung können durch freiwillige Nachzahlungen geschlossen werden, um letztlich höhere Rentenzahlungen zu bekommen. Doch dabei müssen Fristen beachtet werden: Die freiwillige Nachzahlung von Rentenbeiträgen für das abgelaufene Kalenderjahr ist nur bis zum 31. März des Folgejahres möglich. Die abschlagsfreie Rente mit 63 nach mindestens 45 Beitragsjahren wurde zum 1.7.2014 eingeführt.
Falls nun diese 45 Jahre nicht erreicht werden, ist die Frage, ob man für Jahre ohne Beitragszahlung, z.B. wegen Arbeitslosigkeit ohne Arbeitslosengeldbezug, freiwillig Beiträge nachzahlen und so die Beitragslücke schließen kann.
Der Fall: Der 1952 geborene Kläger hat im Laufe seines Arbeitslebens insgesamt 44 Jahre mit Pflichtbeitragszeiten erreicht. Während einer einjährigen Beitragslücke von November 2006 bis Oktober 2007 war er arbeitslos. Arbeitslosengeld bezog er in dieser Zeit nicht, da er eine größere Abfindung vom letzten Arbeitgeber erhalten hatte. Bereits seit längerer Zeit hatte er geplant, nach einer dreijährigen Altersteilzeitarbeit ab 1.9.2015 mit 63 Jahren und mit Abschlägen in Rente zu gehen.
Doch seit dem 1.7.2014 können Versicherte mit dem Geburtsjahr des Klägers mit 45 Beitragsjahren die Altersrente für besonders langjährige Versicherte ab dem Alter von 63 Jahren abschlagsfrei in Anspruch nehmen (sog. „Rente mit 63“), was beim Kläger monatlich eine rund 200 Euro höhere Rente ausgemacht hätte. Deshalb beantragte der Kläger im April 2015 bei der Rentenversicherung die „Rente mit 63“ ab dem 1.9.2015 und die Nachzahlung freiwilliger Beiträge für die Zeit von November 2006 bis Oktober 2007 i.H.v. 4.800 Euro, um die einjährige Beitragslücke zu schließen. Die Rentenversicherung lehnte die Nachzahlung freiwilliger Beiträge wegen Versäumung der Zahlungsfrist ab. Ein Härtefall könne nicht anerkannt werden. Altersrente ab dem 1.9.2015 könne es nur mit Abschlägen geben.
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat entschieden, dass für den Bezug der abschlagsfreien Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren lange zurückliegende Beitragslücken nicht nachträglich durch Zahlung freiwilliger Beiträge zur Rentenversicherung geschlossen werden können. Und zwar auch dann nicht, wenn es um vergleichsweise kleine Lücken geht (LSG Baden-Württemberg vom 14.12.2017, L 10 R 2182/16).
Praxishinweis:
Um Abschläge zu vermeiden, hätte der Kläger im Urteilsfall nur zwölf Monate länger arbeiten und mit 64 Jahren in die dann immer noch vorgezogene abschlagsfreie Rente gehen können. Er hätte auch bereits 2007 freiwillige Beiträge entrichten können, um die Lücke zu schließen. Die Richter sind hier hart: Mit der Nachzahlung von Beiträgen darf man nicht warten, bis irgendwann in der Zukunft Änderungen eintreten – und man darf die Nachzahlung nicht auf die Zeit verschieben, in der die Nachteile einer Betragslücke sichtbar werden oder schon eingetreten sind.
Weitere Informationen:
- Vorgezogene Altersrenten: Rentenabschläge und Ausgleichszahlungen (steuerrat24.de)
- LSG Baden-Württemberg vom 14.12.2017, L 10 R 2182/16