Viele Testamente sehen ein dingliches Wohnungsrecht für den länger lebenden Partner vor, während die Immobilie unmittelbar dem Kind vermacht wird. Der Partner oder die Partnerin sind folglich abgesichert und das Kind erhält sein Erbe. Mit derartigen Rechten ist es aber so eine Sache: In aller Regel sind sie gut gemeint, doch in tatsächlicher und in steuerlicher Hinsicht sind sie nicht immer förderlich. Ganz abgesehen von der Frage der erbschaftsteuerlichen Begünstigung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG, die bei entsprechenden Rechten mehr als gefährdet ist, ist festzustellen, dass sich Lebensumstände ändern.
Anders als früher sind ältere Menschen mobiler und wollen vielleicht nach dem Tod ihres Partners gar nicht in dem Haus wohnen bleiben, das sie über viele Jahre mit ihm geteilt haben. Und so kommt es, dass Wohnungsrechte zuweilen abgelöst werden. Sprich: Der Eigentümer der Immobilie, also der Erbe, zahlt dem Wohnberechtigten eine Entschädigung für die Ablösung des dinglichen Wohnungsrechts.
Das Niedersächsische FG hatte in diesem Zusammenhang entschieden, dass die Ausgleichszahlung für die Aufgabe des Wohnungsrechts als nachträgliche Anschaffungskosten der Immobilie zu werten ist (Urteil vom 2.7.2020, 2 K 228/19). Dementsprechend wären die Aufwendungen nicht sofort in einer Summe abziehbar, sondern nur im Wege der AfA mit 2 Prozent pro Jahr. Es handelt sich insoweit aber um Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Vorausgesetzt natürlich, die Immobilie wird nach Ablösung des Rechts vermietet.
Allerdings ist die Auffassung des Niedersächsischen FG falsch, wie der BFH entschieden hat. Ein für die Annahme vorab entstandener Werbungskosten erforderlicher, ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang mit künftigen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sei anzunehmen, wenn der Berechtigte eines mit einem dinglich gesicherten Wohnungsrecht belasteten Erbbaurechts dem Wohnungsberechtigten ein Entgelt dafür zahlt, dass dieser der Löschung seines Wohnungsrechts zustimmt und das Gebäude räumt und es so erreicht, das Wohngebäude zu vermieten und Einkünfte daraus zu erzielen. Kurz gesagt: Die Abfindung ist in voller Höhe sofort abziehbar, wenn die Immobilie vermietet wird bzw. werden soll (BFH 20.9.2022, IX R 9/21).
Denkanstoß:
Zahlungen des Eigentümers für die Aufgabe eines Wohnungsrechts sind zu unterscheiden von Renovierungskosten, die die Kinder, also die Eigentümer, übernehmen, bevor das Wohnungsrecht entfällt. Hier gilt: Aufwendungen, die der Steuerpflichtige für ein wohnungsrechtsbelastetes Immobilienobjekt erbringt, sind mangels Einkünfteerzielungsabsicht nicht als vorab entstandene Werbungskosten im Hinblick auf eine nach Erlöschen des Wohnungsrechts beabsichtigte Vermietung der Wohnung abzuziehen, solange und soweit der Wohnungsrechtsinhaber einer Vermietung nicht zugestimmt und insoweit auf sein Wohnungsrecht verzichtet hat. Mit diesem etwas langen, aber durchaus klaren Satz hat der BFH eine Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen (BFH-Beschluss vom 15.9.2022, IX B 27/22). Ähnlich hatte der BFH bereits mit Urteil vom 19.2.2019 (IX R 20/17) entschieden.
Im Urteil vom 25.2.2009 (IX R 3/07) hat der BFH aber immerhin ausgeführt, dass Reparaturaufwendungen des Steuerpflichtigen für eine Immobilie, dessen Nutzungsrecht einer anderen Person zusteht, bei ihm als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar sein können, wenn sich aus den Gesamtumständen des Falles ergibt, dass der Steuerpflichtige die Aufwendungen im eigenen Interesse als zukünftiger Nutzer des Hauses gemacht hat.