Die Steuervorhaben der neuen GroKo

Das Steuerrecht im Koalitionsvertrag 2025 – Kein großer Wurf

Das Steuerrecht scheint nicht das Hauptanliegen der Partner – oder sollte man besser formulieren – der Kontrahenten des Grundlagenvertrags für die 13. Legislaturperiode gewesen zu sein. Auch diese Koalition geht die vielfach gewünschte Steuerreform nicht an. Auf den Begriff „Steuerreform“, der Koalitionsvertrag der Ampel immerhin im Zusammenhang mit der Unternehmenssteuerreform allein fünfmal erschien, verzichtete man schon gleich. Vielleicht, um keine leeren Versprechungen abzugeben, die allerdings auch die Ampel nicht erfüllen konnte.

Was der lahmenden Wirtschaft wohl am ehesten wieder auf die Beine verhelfen könnte, ist die geplante degressive Abschreibung auf Ausrüstungsinvestitionen – also bewegliche Anlagegüter, wie Maschinen und Werkzeuge – von 30 Prozent für die drei Jahre 2025 bis 2027. Alle anderen Maßnahmen greifen nicht schnell genug, wie die Absenkung der Körperschaftsteuer in fünf Schritten ab dem 1.1.2028, oder sind zu unbestimmt, wie die Absenkung der Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen zur Stärkung der Kaufkraft. Gerade bei der Besteuerung der Kapitalgesellschaften hätte der sofortige Verzicht auf den Solidaritätszuschlag schon zu einer raschen und sinnvollen Entlastung geführt, die man bei der Einkommensbesteuerung als verkappte Reichensteuer durchaus hätte beibehalten können. Das BVerfG hatte die soziale Staffelung ja gerade rechtzeitig für verfassungsgemäß erklärt (BVerfG v. 19.3.2025 – 2 BvR 1505/20, NWB YAAAJ-88497 Rn. 80). Etwas irritierend ist die unter Rz. 1444 f angekündigte Maßnahme simultaner Anpassung von Kindergeld und Kinderfreibetrag, die mit § 66 Abs. 3 EStG bereits durch das Steuerfortentwicklungsgesetz v. 23.12.2024 (BGBl 2024 I Nr. 449) in das EStG aufgenommen wurde.

Wenn man sich also schon auch der Ideen der Ampel bedient hat, warum konnte man nicht auch auf die Reformberichte der Expertenkommissionen „Vereinfachte Unternehmensteuer“ und „Bürgernahe Einkommensteuer“ zurückgreifen. Diese Berichte enthalten eine Vielzahl zielführender Vorschläge zur Schaffung eines „weniger komplexen und zukunftsfähigen Steuerrechts“, die „sich zugleich an einer realistischen Umsetzbarkeit“ orientieren (S. 9 Einkommensteuerbericht) mit dem Ziel, namentlich die Unternehmensbesteuerung zu modernisieren und attraktiver zu gestalten (S. 10 Unternehmenssteuerbericht).

Stattdessen verliert sich der Koalitionsvertrag 2025 im üblichen Klein-Klein unseres steuerrechtlichen Dschungels und lässt das große, herausfordernde Konzept vermissen, das unserem Steuerrecht so nötig wäre.  Hinzu kommt, dass auch die sinnvollen steuerlichen Vorhaben des Koalitionsvertrags „Verantwortung für Deutschland“, wie alle Maßnahmen des Vertrags, unter Finanzierungsvorbehalt stehen (Rz. 1627). Man darf allerdings schon jetzt vermuten, dass sich diese Einschränkung nicht auf die Einlösung der Wahlversprechen zur Erhöhung der Pendlerpauschale, der Herabsetzung der Umsatzsteuer in der Gastronomie und der Wiedereinführung der Agrardiesel-Rückvergütung beziehen wird.

Ein Beitrag von:

  • Prof. Dr. Hans-Joachim Kanzler

    • Rechtsanwalt
    • Vorsitzender Richter am BFH a. D.
    • Autor zahlreicher Beiträge zu steuerrechtlichen Grundsatzfragen und ertragsteuerlichen Themen
    • Mitherausgeber des jährlich erscheinenden NWB Einkommensteuerkommentars und des Handbuchs Bilanzsteuerrecht

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