Nach dem Koalitionsvertrag: Was wird aus dem „Soli“?

Nach dem Koalitionsvertrag vom April 2025 will die mutmaßliche künftige Bundesregierung weiterhin an der Erhebung des Solidaritätszuschlages für sog. „Besserverdiener“ festhalten. Was ist davon zu halten?

Hintergrund

Ich habe immer wieder berichtet: Seit VZ 2021 wird der „Soli“ als Zuschlag zur Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer nur noch von 3,5 Prozent sog. „Besserverdiener“ in voller Höhe erhoben, weitere 6,5 Prozent zahlen weniger. Am 26.3.2025 hat das BVerfG (2 BvR 1550/20) seine mit Spannung erwartete Entscheidung zum Solidaritätszuschlag verkündet und den Soli weiterhin für verfassungsgemäß erklärt.

Künftige Regierung hält am Solidaritätszuschlag fest

„Der Solidaritätszuschlag bleibt unverändert bestehen.“ So steht es wörtlich im Koalitionsvertrag 2025 (S. 47, Z 1448) – ohne jedes Wenn und Aber. Das bedeutet: Auf Basis des seit 2021 geltenden SolzG 2019 müssen weiterhin rund 6 Mio. Steuerpflichtige (Besserverdiener) und rund 600.000 Unternehmen den Soli bezahlen – zur Finanzierung der weiterhin bestehenden Finanzierungslasten der deutschen Wiedervereinigung.

Wie ist das zu bewerten?

Bemerkenswert ist, dass sich mit dieser Festlegung im Koalitionsvertrag vor allem der Wahlsieger, die Union, von ihrem eigentlichen politischen Versprechen verabschiedet. In der abgelaufenen 20. Legislaturperiode haben sich CDU/CSU wiederholt für eine umgehende und vollständige Abschaffung des Soli „für alle“ eingesetzt. Zuletzt hat die CDU/CSU-Fraktion noch bei der Ablehnung eines AfD-Gesetzentwurfs am 5.6.2024 diese Position bekräftigt: Im Finanzausschuss stellte die CDU/CSU-Fraktion fest: „Die geltende Regelung sei ein Missbrauch des ursprünglichen Zuschlags. Es sei ein Gebot der Steuergerechtigkeit und der Steuerwahrheit, den Solidaritätszuschlag vollständig abzuschaffen. Man sollte nicht auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts warten, sondern proaktiv handeln.“

Mit dem gleichen Tenor haben CDU und CSU in ihrem Wahlprogramm 2025 vollmundig die vollständige Soli-Abschaffung angekündigt.

Im Finanzausschuss im Juni 2024 sahen Bündnis90/Die Grünen zwar den aktuellen Soli nicht in einer rechtlichen Grauzone, würden aber eine Integration in den Steuertarif bevorzugen. Die FDP hat noch Anfang 2025 einen Vorstoß zur vollständigen, stufenweisen Abschaffung des Soli unternommen (Solidaritätszuschlagsbefreiungsgesetz).

Bei allem Verständnis für die aktuellen Finanzierungsnöte des Bundes und die willkommenen „Wohltat“ von rund 12 Mio. Euro pro Jahr für den Bundeshaushalt aus der Tasche sog. Besserverdiener geht jedes Verständnis für den Politikwechsel der Union verloren, der an die Wandlungsfähigkeit eines Chamäleons erinnert. „Der Solidaritätszuschlag beliebt unverändert bestehen“ – auch wenn diese Vereinbarung in einem Koalitionsvertrag keine gesetzesähnliche Verbindlichkeit beansprucht, zeigt sie doch die Perspektivlosigkeit beim Soli: Nicht mal die politische Zielsetzung den Soli für alle abzuschaffen, sobald es die Haushaltslage zulässt, ist herauszulesen.

Auch an eine (ehrliche!) Integration des Soli in den Steuertarif ist nicht gedacht, das wäre ja auch eine „Steuererhöhung“ gewesen. So betrachtet erhält der Soli nach den Buchstaben des Koalitionsvertrages mit dem Segen der Koalitionspartner eine Art „Ewigkeitsgarantie“ – bis das BVerfG in einer abermaligen Entscheidung den Soli kassiert. Bis dahin wird es also mutmaßlich sein Bewenden haben, dass die zweitstärkste Kraft im neune Bundestag die Regierung mit Gesetzentwürfen zur Abschaffung des Soli vor sich hertreibt. Das ist bedauerlich aus Sicht der politischen demokratischen Mitte, Berechenbarkeit und Verlässlichkeit liest sich anders!

Ein Beitrag von:

  • Prof. Dr. jur. Ralf Jahn

    • Studium der Rechtswissenschaften in Würzburg
    • Hauptgeschäftsführer der IHK Würzburg-Schweinfurt
    • Honorarprofessor an der Universität Würzburg

    Warum blogge ich hier?
    Mein erster Blog bietet die Möglichkeit, das Thema der Pflicht der „Pflichtmitgliedschaft in Kammern“ „anzustoßen“ und in die Diskussion zu bringen. Bei genauem Hinsehen sichert der „Kammerzwang“ nämlich Freiheitsrechte durch die Möglichkeit zur eigenverantwortlichen Partizipation.

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