Vonovia hat den Geschäftsbericht 2024 vorgelegt – und dabei eine interessante Strategie gewählt. Während das Unternehmen einen Verlust von 600 Mio. € Verlust vor Steuern ausweist, ist in der Pressemitteilung davon keine Spur. Stattdessen wird das „angepasste EBITDA“ betont. Aber was steckt wirklich hinter diesen Zahlen? Und was verrät der Blick in die Kapitalflussrechnung? Gehen wir auf Spurensuche.
Ein Blick in den aktuellen Geschäftsbericht
Wie dieser Sprung zustande kam? Durch die Stabilisierung der Immobilienwerte. Diese haben sich 2024 zwar in der Summe immer noch verringert, aber auch hier auf einem deutlich geringeren Niveau als 2023: 2023 führten Wertminderungen in Höhe von knapp 11 Mrd. € zu dem genannten Verlust, während 2024 „nur“ noch 1,6 Mrd. € wertberichtigt werden mussten.
Wie kam dieser Sprung zustande? Entscheidend war die Stabilisierung der Immobilienwerte. Während 2023 Wertminderungen von knapp 11 Mrd. € das Ergebnis stark belasteten, waren es 2024 „nur“ noch 1,6 Mrd. €.
In der Pressemitteilung vom 19. März 2024 ordnet Vonovia das Geschäftsjahr so ein:
„Für das Geschäftsjahr 2024 erreichen die wesentlichen Kennzahlen das obere Ende der Prognose. Das Adjusted EBITDA Total steigt auf rund 2,6 Mrd. €. Mit 91 % trägt vor allem das Vermietungsgeschäft zum Gesamtergebnis bei. Das Adjusted EBT liegt mit 1,8 Mrd. € erwartungsgemäß leicht unter dem Vorjahr.“
Und mein Senf dazu
Was mich wundert: Das Wort „Verlust“ taucht in der Pressemitteilung von Vonovia nicht auf. Stattdessen wird das „angepasste EBITDA“ in den Vordergrund gestellt. Warum stört mich das?
Schon das Wort „angepasst“ ist problematisch – denn es gibt keine feste Definition, was genau herausgerechnet wird. Unternehmen haben hier also viel Spielraum. Zudem blendet das EBITDA sowohl Abschreibungen als auch Zinsaufwendungen aus. Doch gerade die Zinskosten sind für einen Immobilienkonzern enorm wichtig: Sie zeigen, wie teuer es war, das Immobilienportfolio in der Vergangenheit zu finanzieren. Aber natürlich klingt ein „angepasstes EBITDA“ von 2,6 Mrd. € besser als ein Verlust von 600 Mio. €.
Dabei gibt es eine viel interessantere Kennzahl: den operativen Cashflow. Und hier zeigt sich ein positives Bild – in den letzten beiden Geschäftsjahren war der Cashflow stabil. Verwunderlich, dass Vonovia dies in der Pressemitteilung nicht stärker betont.
Denn die hohen Wertminderungen auf Immobilien wirken sich zwar auf den Gewinn aus, nicht aber auf den Cashflow – schließlich fließt dadurch kein echtes Geld ab. Schade, dass Vonovia nicht die Gelegenheit genutzt hat, den Aktionären diesen Unterschied klarer zu erklären, sondern stattdessen auf das „angepasste EBITDA“ setzt.
Gewinn ist Ansichtssache, Cashflow eine Tatsache. Wer sich nur auf schöngefärbte Kennzahlen verlässt, könnte wichtige Risiken übersehen. Deshalb lohnt sich immer ein Blick in die Kapitalflussrechnung.
Lesen Sie hierzu auch meine Beiträge im NWB Experten-Blog:
- Vonovia: Weniger Verluste, aber steigende Kosten – ein Lichtblick in der Bilanz?
- Vonovia legt den Halbjahresbericht vor: Geht es wieder aufwärts?
- Vonovia legt Zahlen vor – warum der Immobilienkonzern wieder Gewinne macht
Ein Beitrag von:
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- Diplom-Volkswirtin und Unternehmensberaterin
- Erstellung von (Gerichts-)Gutachten, Stellungnahmen und Analysen zu Bilanzierungssachverhalten
- Fachbuchautorin
- Anhörung als Sachverständige im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Wirecard Skandal des Deutschen Bundestages und im Finanzausschuss zum FISG
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Aus Interesse an den Themen. Aus Spaß. Aus Netzwerk-Gründen. Als Ergänzung zu meiner Arbeit als Unternehmensberaterin und meinen Lehrveranstaltungen ist das Bloggen wunderbar geeignet. Ein Blog bietet die Möglichkeit, sich in einzelne Themen zu vertiefen – und sich anschließend mit Lesern darüber auszutauschen. Da jedes Jahr neue Jahresabschlüsse von Unternehmen vorgelegt werden und sich die Regeln der Bilanzierung ständig ändern, wird mir der Stoff nie ausgehen.