Flugunterricht ist üblicherweise nicht umsatzsteuerfrei

„Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein. Alle Ängste, alle Sorgen sagt man, blieben darunter verborgen.“ Wer kennt nicht diesen Klassiker von Reinhard Mey? Nun ja, Reinhard Mey hat seinerzeit wohl nicht daran gedacht, dass der deutsche Fiskus sozusagen mit im Flieger sitzt und dann die eine oder andere Sorge eben doch aufkommt – nämlich, wenn der Fiskus Steuern für den Flugunterricht haben möchte oder aber sich weigert, Vorsteuern für den Erwerb eines Flugzeuges auszuzahlen. Und so lag es wieder einmal am BFH, für eine Klärung zu sorgen und. Dieser hat entschieden, dass Flugunterricht üblicherweise nicht umsatzsteuerfrei ist. Das mag auf den ersten Blick nachteilig klingen, war für den klagenden Luftsportverein aber von Vorteil (BFH-Urteil vom 13.11.2024, XI R 31/22).

Der Sachverhalt:

Der Kläger, ein Luftsportverein, war in der Ausbildung von Flugschülern tätig. Er erwarb ein einmotoriges Flugzeug, das er zum einen seinen Mitgliedern gegen Entgelt zum Fliegen überließ. Zum anderen verwendete der Kläger das Flugzeug in der Ausbildung von Flugschülern zum Erwerb der Privatpilotenlizenz (Private Pilot Licence). Der Kläger verfügte über eine vom Luftfahrtverband erteilte Erlaubnis, derartige Ausbildungslehrgänge durchzuführen. Der Kläger erklärte die Umsätze aus der Überlassung des Flugzeugs als Umsätze zum ermäßigten Steuersatz und die Umsätze aus dem Flugunterricht als steuerfreie Umsätze. Für den Erwerb des Flugzeugs machte der Kläger den Vorsteuerabzug geltend. Das Finanzamt vertrat dagegen die Auffassung, die Überlassung des Flugzeugs an die Flugschüler stelle zusammen mit dem Flugunterricht eine einheitliche Leistung dar, die insgesamt steuerfrei sei. Der Vorsteuerabzug wurde verwehrt. Das FG bestätigte die Auffassung des Finanzamts, doch der BFH hat die Vorentscheidung aufgehoben und klargestellt, dass dem Luftsportverein der Vorsteuerabzug dem Grunde nach zusteht.

Die Begründung:

Aufgrund europarechtlicher Vorgaben kommt eine Befreiung von der Umsatzsteuer als „Schul- und Hochschulunterricht“ bzw. als „Aus- und Fortbildung“ nur unter strengen Voraussetzungen in Betracht.

So verweist der Begriff des „Schul- und Hochschulunterrichts“ allgemein auf ein integriertes System der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen sowie auf die Vertiefung und Entwicklung dieser Kenntnisse und Fähigkeiten durch die Schüler und Studenten je nach ihrem Fortschritt und ihrer Spezialisierung auf den verschiedenen dieses System bildenden Stufen“. Nicht erfasst wird spezialisierter Unterricht.

Auch Flugunterricht genügt den genannten Anforderungen grundsätzlich nicht. Denn beim Fliegen geht es nicht um die Vermittlung eines „breiten und vielfältigen Spektrums von Stoffen“, was für die Steuerbefreiung als „Schul- und Hochschulunterricht“ nötig wäre. Flugunterricht ist vielmehr spezialisierter, punktuell erteilter Unterricht.

Flugunterricht zur Vermittlung einer so genannten Privatpilotenlizenz für Hobbyflieger ist auch nicht als „Aus- und Fortbildung“ steuerfrei. Auch wenn die dort vermittelten Kenntnisse für berufliche Zwecke nützlich sein mögen, so ist die Privatpilotenlizenz keine Voraussetzung für eine entsprechende Berufsausbildung, etwa als Pilot bei einem Luftverkehrsunternehmen.

Steuerfreier Unterricht ist insoweit allenfalls vorstellbar, soweit es um Unterricht geht, der Kenntnisse vermittelt, um die Verkehrspilotenlizenz (Airline Transport Pilot Licence) zu erwerben.

Denkanstoß:

Im Urteilsfall ging es um die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG und nicht um die Befreiung nach § 4 Nr. 21 UStG. Doch auch aus dieser Vorschrift ließe sich – selbst nach den Änderungen durch das JStG 2024 – keine Steuerbefreiung des Flugunterrichts herleiten.

Die Sache wurde an die Vorinstanz zurückverwiesen. Diese muss unter anderem prüfen, ob die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG, der unionsrechtlich auf Art. 98 Abs. 1 und 2 MwStSystRL beruht, auf die Umsätze des Klägers zu Recht erfolgt ist („Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen“).

Ein Beitrag von:

  • Christian Herold

    • Steuerberater in Herten/Westf. (www.herold-steuerrat.de)
    • Autor zahlreicher Fachbeiträge
    • Mitglied im Steuerrechtsausschuss des Steuerberaterverbandes Westfalen-Lippe

    Warum blogge ich hier?

    Als verantwortlicher Redakteur und Programmleiter zahlreicher Steuerfachzeitschriften, meiner früheren Tätigkeit in der Finanzverwaltung und meiner über 25-jährigen Arbeit als Steuerberater lerne ich das Steuerrecht sowohl aus theoretischer als auch aus praktischer Sicht kennen. Es reizt mich, die Erfahrungen, die sich aus dieser Kombination ergeben, mit den Nutzern des Blogs zu teilen und freue mich auf viele Rückmeldungen.

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