Einführung zur Stärkung der Standortgemeinden von Wind- und Solarparks
Durch das Jahressteuergesetz 2009 wurde im GewStG ein besonderer Zerlegungsmaßstab für die Betreiber von Windkraftanlagen eingeführt, der sich zu 30 % nach Arbeitslöhnen und zu 70 % nach dem wesentlichen Sachanlagevermögen richtet. Der besondere Zerlegungsmaßstab ist eine Reaktion des Gesetzgebers auf Rechtsprechung des BFH, nach deren Ergebnis den Standortgemeinden der Windkraftanlagen kein Anteil am Gewerbesteuer-Messbetrag der Energieerzeuger zugewiesen wurde. Durch das Amtshilferichtlinienumsetzungsgesetz wurde der besondere Zerlegungsmaßstab ab Erhebungszeitraum 2014 auf Anlagen zur Erzeugung von Solarenergie erweitert.
Der besondere Zerlegungsmaßstab wurde bereits im Vorfeld seiner Einführung in Politik und Steuerliteratur stark kritisiert. Im fünften bzw. zehnten Geltungsjahr des Sonderzerlegungsmaßstabs kann ein Zwischenfazit zu dessen Anwendung und Wirksamkeit gezogen werden.
Wirkung der Abschreibungen auf den Zerlegungsmaßstab
Ein Hauptkritikpunkt des Sonderzerlegungsmaßstabs ist die Veränderung der Zerlegungsanteile im Zeitablauf durch die Buchwertminderung des Sachanlagevermögens durch Abschreibungen. Aufgrund der jährlichen Abschreibungen des Sachanlagervermögens reduziert sich der Zerlegungsanteil der Standortgemeinden stetig, während der Betriebsstätte der Geschäftsleitung der (unveränderte) Zerlegungsanteil der Arbeitslöhne verbleibt. Die ggf. mögliche Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen beschleunigt diese Entwicklung. Mit zunehmender Abschreibung verschiebt sich das Zerlegungsergebnis damit teilweise weg von den Standortgemeinden hin zur Geschäftsleitungsgemeinde, obwohl den Standortgemeinden durch den Weiterbetrieb der Anlagen dauerhaft Belastungen verbleiben. Dies sollte die Einführung des Sonderzerlegungsmaßstabs aber gerade vermeiden. Der Sonderzerlegungsmaßstab erreicht grundsätzlich seinen Zweck – im späteren Jahren aber weniger erfolgreich als unmittelbar nach der Errichtung der Anlagen. Für das Zwischenfazit bleibt ein fader Beigeschmack.
Keine Berücksichtigung der vertraglichen Nutzungsüberlassungen
Ein weiterer Nachteil des Sonderzerlegungsmaßstabs liegt meines Erachtens in der fehlenden Abbildung von Leasing-, Miet- und Pachtverhältnissen. Hierdurch wird das Äquivalenzprinzip erheblich gestört. In Abhängigkeit von Eigenerwerb oder vertraglicher Nutzungsüberlassung des Sachanlagevermögens ergäben sich verschiedene Zerlegungsergebnisse ohne erkennbaren Rechtfertigungsgrund. Durch vertragliche Nutzungsvereinbarungen zwischen nahestehenden Unternehmen könnte das Zerlegungsergebnis beeinflusst werden. Vor diesem Hintergrund regelt § 8 Nr. 1 Buchst. d) und e) GewStG auf Ebene der Ermittlung des Gewerbeertrags die Korrektur von Leasing-, Miet- und Pachtaufwendungen durch Hinzurechnung. Da für die Zerlegung nach dem Sachanlagevermögen keine grundsätzlich verschiedene Zielrichtung besteht, wären folgerichtig auch auf Ebene der Zerlegung der Gewerbesteuer „Normalisierungen“ zu treffen, um dem Äquivalenzprinzip zu entsprechen. Damit würden sich im Bereich der Zerlegung jedoch die gleichen streitanfälligen Abgrenzungsfragen hinsichtlich einheitlicher, prägender und trennbarer Vertragsbestandteile stellen wie auch bei den Hinzurechnungsvorschriften. Die Berücksichtigung vertraglicher Nutzungsüberlassungen ist daher kein Patentrezept zur Verbesserung des Sonderzerlegungsmaßstabs.
Verwaltungsaufwand
Der besondere Zerlegungsmaßstab erhöht – wie bei Einführung eines Sondertatbestands nicht anders zu erwarten – den Verwaltungsaufwand für Unternehmen und die Finanzverwaltung. Das Zerlegungsverfahren wird durch die Existenz eines besonderen Zerlegungsmaßstabs neben dem Regelzerlegungsmaßstab dem Grunde nach komplizierter (vergleiche nur den komplexen, zeitlich gestaffelten Anwendungsbereich des § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG). Erwähnenswert ist daher, dass die früheren besonderen Zerlegungsmaßstäbe des GewStG 1936 für Versicherungs- und Bankenunternehmen sowie den Wareneinzelhandel in den Jahren 1974 bzw. 1996 zur Rechtsvereinfachung wieder abgeschafft wurden. Hierzu äußerte der BFH in einem Urteil vom 09.10.1975 (Az. IV R 114/73), dass der Gesetzgeber die alleinige Praktikabilität des Zerlegungsverfahrens durch den Regelzerlegungsmaßstab der Arbeitslöhne bereits selbst dadurch unterstrichen habe, dass er den zunächst geltenden Sonderzerlegungsmaßstab für Versicherungs- und Bankenunternehmen aufgehoben habe.
Fazit
Es bleibt daher abzuwarten, welches weitere Schicksal dem Sonderzerlegungsmaßstab für Erzeuger von Wind- und Solarenergie beschieden wird. Von der (Wieder-)Abschaffung über die Korrektur der größten „Baustellen“ der Regelung bis hin zur Ausweitung auf weitere Branchen erscheint dabei alles möglich. Nach der vernichtenden Kritik des BFH für die Vorgänger unter den Sonderzerlegungsmaßstäben bleibt insbesondere das Urteil des obersten deutschen Steuergerichts mit Spannung zu erwarten.