Gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG sind die Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig. Was als „angemessen“ in diesem Sinne gilt, liegt natürlich im Auge des Betrachters – und der Richter des BFH. Um es mit deren Worten zu sagen: Entscheidend ist, was nach den in den Kreisen des Erblassers herrschenden Auffassungen und Gebräuchen zu einer würdigen Bestattung gehört.
Und in diesem Sinne hat der BFH entschieden, dass die Kosten für ein aufwendiges Mausoleum bei der Ermittlung der Erbschaftsteuer abgezogen werden dürfen (BFH-Urteil vom 1.9.2021, II R 8/20).
Der Sachverhalt:
Der Erbe hatte, nachdem sein verstorbener Bruder in einem herkömmlichen Grab bestattet worden war, ein Mausoleum als zweite Grabstätte in Auftrag gegeben und die Kosten hierfür in seiner Erbschaftsteuererklärung geltend gemacht. Die Aufwendungen betrugen 420.000 Euro (kein Schreibfehler!).
Nach Auffassung des BFH sind zwar grundsätzlich nur die Kosten für ein zeitlich zuerst errichtetes Grabdenkmal bei der Erbschaftsteuer abzugsfähig. Es könne aber auch Fälle geben, in denen aus verschiedenen Gründen der Verstorbene zunächst nur provisorisch in einer ersten Grabstätte und dann im Anschluss dauerhaft in einem Zweitgrab bestattet wird. Für das zweite Grabdenkmal seien Kosten in angemessener Höhe abzugsfähig.
Die Sache wurde an die Vorinstanz zurückverwiesen, die nun weitere Feststellungen treffen muss. Der BFH weist aber bereits auf Folgendes hin: Die Begründung des FG, die Kosten für das zweite Grabdenkmal seien im Vergleich zur Höhe des Nachlassvermögens nicht angemessen, sei für sich genommen nicht tragfähig. Die Angemessenheitsprüfung dürfe nicht allein auf das Nachlassvermögen abgestellt werden. Vielmehr sie auch zu berücksichtigen, welche Bräuche und religiösen Vorgaben in den Kreisen des Erblassers für eine würdige Bestattung üblich sind.
Denkanstoß:
Ich gebe zu, dass ich die Begründung des BFH zwar einerseits nachvollziehen kann, sich bei mir andererseits angesichts der Höhe des Aufwands ein Störgefühl entwickelt. Aber sei es drum: Ich gönne dem Kläger den Erfolg beim BFH und das Urteil wird an anderer Stelle sicherlich gute Dienste leisten, wenn es um die Auslegung des Begriffs „Angemessenheit“ geht.