Heute habe ich zugegebenermaßen einen kurzen und banalen Blog-Beitrag. Dennoch stelle ich fest, dass in der Praxis oftmals ein kleiner, aber bedeutsamer Fehler begangen wird. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG gilt: „Zu den Herstellungskosten eines Gebäudes gehören auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 Prozent der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (anschaffungsnahe Herstellungskosten).
Zu diesen Aufwendungen gehören nicht die Aufwendungen für Erweiterungen im Sinne des § 255 Absatz 2 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs sowie Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen.“ Die beiden Wörter „ohne Umsatzsteuer“ werden dabei gerne überlesen.
Mir selbst sind nun mehrere Fälle bekannt geworden, in denen die 15-Prozent-Grenze nur geringfügig überschritten worden ist und die Finanzverwaltung mitunter die Bescheide des letzten und gegebenenfalls des vorletzten Jahres geändert hat.
Dabei sind aber die Bruttowerte zugrunde gelegt worden. Beim Herausrechnen der Umsatzsteuer hat sich dann schnell herausgestellt, dass die Immobilienbesitzer aufatmen und ihre Erhaltungsaufwendungen (weiterhin) voll abziehen konnten, denn sie blieben unterhalb der 15-Prozent-Grenze.
Haben Sie schon mal einen Fall gehabt, wo die Finanzverwaltung in der Veranlagung für das Anschaffungsjahr die erklärte AfA-Bemessungsgrundlage akzeptiert und dann aber im Zweitjahr mit Hilfe des Kaufpreisaufteilungstools des BMF diese fürs Zweitjahr ändern will und dann natürlich auch so, dass die 15%-Grenze gerissen wird?
In der Tat gibt es Fälle, in denen die Finanzverwaltung das Erstjahr noch einmal unter die Lupe nimmt. Es muss dann geschaut werden, ob und inwieweit die Finanzverwaltung rein verfahrensrechtlich zur Änderung berechtitgt war. Unabhängig davon wäre natürlich auch zu prüfen, ob die – neue – Aufteilung zutreffend ist. Eine neue Aufteilung ab dem Zweitjahr – nachdem das erste Jahr bereits bestandskräftig ist – dürfte aber wohl kaum zulässig sein.
Meines Erachtens gilt hier unabhängig von irgendwelchen verfahrensrechtlichen Fragen der Grundsatz von Treu und Glauben. Ich gebe aber zu, dass man sicherlich im Einzelfall prüfen müsste, was die Finanzverwaltung konkret zur Änderung veranlasst hat.
Naja, es handelt sich ja um eine Abschnittsbesteuerung.
Aus meiner Sicht kann das Finanzamt grundsätzlich schon im Zweitjahr die AfA-BMG noch mal „anpacken“, wenn sie diese für falsch hält. Ansonsten wäre die AfA-BMG für die nächsten 49 Jahre gültig, obwohl der Sachbearbeiter vielleicht im Erstjahr nur einen Fehler gemacht hat. Das kann aus meiner Sicht nicht richtig sein.
Ich habe aber ein Störgefühl im Zusammenspiel mit der 15%-Grenze: Wenn die Kaufpreisaufteilung im Erstjahr akzeptiert wurde, disponiert der Steuerpflichtige in den nachfolgenden zwei Jahren seinen Erhaltungsaufwand auch dementsprechend. Wenn nun das Finanzamt die Aufteilung im Zweitjahr nochmal aufmacht mit der Folge, dass die AfA-BMG sinkt und dadurch die 15%-Grenze gerissen wird, kann ich den Unmut des Steuerpflichtigen voll verstehen. Das meinten Sie wahrscheinlich mit Treu und Glauben.
Das Zusammenspiel zwischen Verfahrensrecht (der Erstbescheid steht unter keiner Vorläufigkeit diesbezüglich) und materieller Richtigkeit im Zweitjahr scheint hier spannend zu sein, wobei ich auch keine Lösung sehe…
Grundsätzlich haben Sie recht. Das Finanzamt kann sich auf das BFH-Urteil vom 28.01.1997 (IX R 88/94, BStBl 1997 II S. 605) beziehen. Andererseits gibt es das relativ aktuelle Urteil des BFH vom 1.10.2015 (X R 32/13), das in Zweifelsfällen angeführt werden sollte. Gerade dieses Urteil dürfte gute Argumente an die Hand geben, um der im Erstjahr getroffenen Entscheidung des Finanzamts eine gewisse Bindungswirkung zukommen zu lassen. Ich würde die „Flinte jedenfalls nicht kampflos ins Korn werfen.“