Häufig mit guten Gründen wird sozial und ökologisch verantwortliches Handeln von Privatleuten und Wirtschaftsakteuren eingefordert. Bereits heute haben große Kapitalgesellschaften und gleichgestellte KapCo-Gesellschaften im Lagebericht über nichtfinanzielle Leistungsindikatoren, etwa zu Arbeitnehmer- und Umweltbelangen, zu berichten (§ 289 Abs. 3 HGB). Nun kommt über die EU eine erweiterte Berichterstattungspflicht. Um die Vorgaben der EU-Richtlinie 2014/95/EU umzusetzen, wurde der Referentenentwurf eines CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes vorgelegt. Was kommt hier auf die Unternehmen zu?
Kapitalgesellschaften und gleichgestellte KapCo-Gesellschaften sollen nach § 289b Abs. 1 HGB-E zur Abgabe einer nichtfinanziellen Erklärung grundsätzlich im Lagebericht verpflichtet sein, wenn sie
- die Voraussetzungen des § 267 Absatz 3 Satz 1 HGB erfüllen,
- kapitalmarktorientiert im Sinne des § 264d sind und
- im Jahresdurchschnitt mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigt haben.
Neben einer Befreiungsmöglichkeit für in einen übergeordneten Konzernabschluss einbezogene Gesellschaften (§ 289b Abs. 2 HGB-E) soll insbesondere eine gesonderte Berichterstattung außerhalb des Lageberichts möglich sein, wenn
- der gesonderte nichtfinanzielle Bericht zumindest die inhaltlichen Vorgaben nach § 289c HGB-E erfüllt und
- der gesonderte nichtfinanzielle Bericht öffentlich zugänglich gemacht wird durch Offenlegung nach § 325 HGB zusammen mit dem Lagebericht oder Veröffentlichung auf der Internetseite der Gesellschaft spätestens sechs Monate nach dem Abschlussstichtag und mindestens für zehn Jahre, sofern der Lagebericht darauf Bezug nimmt.
Im Bericht ist auf Umwelt-, Arbeitnehmer- und Sozialbelange, Achtung der Menschenrechte sowie Bekämpfung von Korruption und Bestechung (nachfolgend „Aspekte“) einzugehen (§ 289c HGB-E). Dabei ist, wenn sie für das Verständnis des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses, der Lage der Kapitalgesellschaft sowie der Auswirkungen ihrer Tätigkeit auf die zuvor genannten Aspekte erforderlich sind, insbesondere einzugehen auf:
- eine Beschreibung der verfolgten Konzepte,
- eine Beschreibung der angewandten Due-Diligence-Prozesse,
- die Ergebnisse der verfolgten Konzepte,
- die wesentlichen Risiken, die mit der eigenen Geschäftstätigkeit der Kapitalgesellschaft verknüpft sind und die sehr wahrscheinlich schwerwiegende negative Auswirkungen auf die zuvor genannten Aspekte haben oder haben werden, sowie die Handhabung dieser Risiken,
- die wesentlichen Risiken, die mit den Geschäftsbeziehungen des Unternehmens, seiner Produkte und Dienstleistungen verknüpft sind und die sehr wahrscheinlich schwerwiegende negative Auswirkungen auf die zuvor genannten Aspekte haben oder haben werden, soweit die Angaben von Bedeutung sind und die Berichterstattung über diese Risiken verhältnismäßig ist, sowie die Handhabung dieser Risiken,
- die wichtigsten nichtfinanziellen Leistungsindikatoren, die für die Geschäftstätigkeit von Bedeutung sind,
- soweit es für das Verständnis erforderlich ist, Hinweise auf im Jahresabschluss ausgewiesene Beträge und zusätzliche Erläuterungen dazu.
Soweit es an einem Konzept fehlt, ist dies klar und begründet zu erläutern (§ 289c Abs. 4 HGB-E). Insbesondere wenn erhebliche Nachteile der Gesellschaft zu erwarten sind, dürfen bestimmte Angaben weggelassen werden (§ 289e HGB-E). Bei der Berichterstattung kann auf eines der existierenden Rahmenwerke etwa zur Nachhaltigkeitsberichterstattung zurückgegriffen werden (§ 289d HGB).
Weiterhin sollen bestimmte große AG, SE und KGaA zur Berichterstattung über die Diversität im Vertretungs- und Aufsichtsorgan in der Erklärung zur Unternehmensführung verpflichtet werden (§ 289f Nr. 6 HGB-E). Dabei spielen beispielsweise Aspekte wie Alter, Geschlecht, Bildungs- oder Berufshintergrund eine Rolle. Es ist über Ziele des Diversitätskonzepts, der Art und Weise seiner Umsetzung und die im Geschäftsjahr erreichten Ergebnisse zu berichten.
Für die Konzernberichterstattung sind entsprechende Regelungen vorgesehen. Für bestimmte Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen ist ebenfalls die Abgabe der nichtfinanziellen Erklärung erforderlich.
Es scheint in unseren Zeiten wohl unvermeidlich, öffentlichkeitswirksame Themen in Berichterstattung umzusetzen. Man kann sich schon die Frage stellen, wer außer interessengeleiteten non-governmental organizations (NGO) Interesse an der Ausweitung einer solchen Berichterstattung hat. Der übliche Adressat von Abschluss und Lagebericht ist sicher weiterhin im Wesentlichen an der finanziellen Performance eines Unternehmens interessiert. Daneben spielen weiche Faktoren aber etwa auch für manche Investmentvehikel, wie Fonds, eine Rolle bei Anlageentscheidungen. Die im Referentenentwurf vorgesehene Möglichkeit einer gesonderten Erklärung außerhalb des Lageberichts ist sehr zu begrüßen, um den Lagebericht nicht zu überfachten und damit den allgemeinen Grundsätzen „Klarheit“ und „Übersichtlichkeit“ der Lageberichterstattung weiter zu genügen. Abzuwarten bleibt, ob nicht wieder eine neue Spielwiese für blumige Selbstdarstellungen geschaffen wird.
Weitere Hinweise
Wie bei den übrigen Bestandteilen des Lageberichts ist auch diese Regelung sicherlich gut gemeint und kann im Prinzip auch für den Adressaten potentiell interessant sein – negative Einflüsse auf die finanzielle Performance kann sich aus den o.g. Risiken sicherlich ergeben (Stichwort Textil- oder Pharmaindustrie). Der tatsächliche Nutzen hängt aber wie immer sehr stark von der Qualität der Umsetzung ab. Inhaltsleeres blabla ist in den meisten Lageberichten bereits jetzt mehr als genug zu finden. Wenn die bestehenden Regelungen konsequent um- und durchgesetzt werden würden, würde auch die bestehende Prognose- und Risikoberichterstattung deutlich ergiebiger sein und auch die CSR-Berichterstattung könnte Nutzen stiften. Hier muss sich auch der Abschlussprüfer angesprochen fühlen.
Vielen Dank für Ihren Kommentar.
Ihre Feststellungen zur bisherigen Berichterstattung im Lagebericht decken sich zumindest für einen Teil der Unternehmen mit unseren Ergebnissen zur Berichterstattung über Leistungsindikatoren (http://datenbank.nwb.de/Dokument/Anzeigen/542206/). Hier liegt sicher erhebliches Verbesserungspotenzial und auch die Prüfer des Lageberichts sind angesprochen.
Mit guten Gründen ist im RefE eines CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes auf eine inhaltliche Prüfungspflicht für die nichtfinanzielle Erklärung verzichtet worden. Im Rahmen einer Prüfung ergäben sich sicher erhebliche Wertungsprobleme, auch wenn das Institut der Wirtschaftsprüfer das notwendige Knowhow bei den Prüfern erkennen kann (http://www.idw.de/idw/download/CSR_Richtlinieumsetzungsgesetz_RefEntwurf.pdf?id=658756&property=Datei). Damit sind die Abschlussprüfer ohne freiwillige Prüfung erst einmal aus dem Spiel.
Wichtig erscheint mir wie bei jeder neuer Berichterstattungspflicht die Frage: Wer braucht diese Information für welche Entscheidung? Angesichts der ausgelösten Kosten und vor allem des ohnehin zu beobachtenden information overload ist mir ein “nice to know” zu wenig. Auch die bloße Hoffnung auf eine Besserung der Verhältnisse bei den in der Erklärung anzusprechenden Aspekten durch Transparenz erscheint trügerisch. Die Entscheidung zur Berichterstattung ist aber schon auf europäischer Ebene getroffen worden und der deutsche Gesetzgeber kann nur noch Umsetzungsspielräume nutzen.