Update Bilanzkosmetik: Air Berlin, schlimmer geht’s immer? – Bilanzkosmetik löst Probleme auf Dauer nicht

Miese Zahlen bei Air Berlin. Das ist leider nichts Neues. Dem Unternehmen geht es schon seit einigen Jahren finanziell nicht sonderlich gut. Doch nun wird die Lage immer schlimmer. Die Frage ist, wie schlimm es noch kommen kann.

So wurde in diesem Jahr die Bekanntgabe des Geschäftsberichtes verschoben. Kein Wunder, dass nicht einmal die Pressestelle wusste, wann genau der Bericht bekannt gegeben werden sollte. Alles andere als ein gutes Zeichen. Erfreuliche Nachrichten gab es für die Investoren schon seit einigen Jahren nicht mehr. Der Schuldenstand hat die Eine-Milliarde-Grenze überschritten, das negative Eigenkapital nähert sich der 1,5-Mrd. Grenze, der Verlust beträgt ca. 780 Mio. EUR – Welche Schreckensmeldung kann die Investoren noch erschrecken?

Air Berlin hat schon lange negatives Eigenkapital ausgewiesen. Um die Bilanz etwas aufzuhübschen, wurde in der Vergangenheit Fremd- in Eigenkapital umgewandelt. Dies hat zwar zu einer vorübergehenden kosmetisch bearbeiteten Bilanz geführt. Allerdings zeigt sich: Bilanzkosmetik hilft dabei, die wahre Vermögenslage in diesem Fall besser darzustellen. Allerdings ist durch die Umwandlung kein Kapital ins Unternehmen geflossen. Ohne Ethihad wäre dem Unternehmen vermutlich schon längst die Puste ausgegangen.

Offenbar wurden seitens Air Berlin auch geleaste Jets weiterverleast: Dies führt kurzfristig zwar zu einem geringeren Verlust – je nach ausgehandelten Leasingraten. Langfristig ist dies aber nicht das Geschäftsmodell des Unternehmens. Man bedenke: Pro Stunde werden ungefähr 135.000 EUR verbrannt. Das macht 2.250 EUR pro Minute. Unglaublich. Wie kann so etwas passieren? In den vergangenen Jahren wurde nicht nur eine Menge Geld verbrannt, sondern auch Konzernchefs. In den vergangenen sieben Jahren haben sich fünf Konzernchefs an dem Unternehmen versucht. Dadurch kam es unter anderem auch zu ständigen Strategie-Wechseln des Unternehmens.

Dieses Beispiel zeigt sehr deutlich: Ein Unternehmen kann mit Hilfe verschiedener Instrumente Bilanzkosmetik einsetzen, um die Bilanz etwas schöner darzustellen. Allerdings ist dies kein Allheilmittel. Strategie-Probleme, zu hohe Kosten sowie dauerhaft hohe Verluste lassen sich auch mit Bilanzkosmetik nicht verschleiern. Das ist wie bei uns Frauen auch: Wenn die Schminke weg ist, sieht der Betrachter auch das, was sich darunter verbirgt. Ganz ohne Aufhübschen.

Fazit: Es bleibt zu hoffen, dass Air Berlin in den nächsten Jahren die Kurve bekommt und mittelfristig wieder die Gewinnzone erreicht. Ganz ohne Bilanzkosmetik.

Lesen Sie dazu auch:
Claus Hecking, Die Geldverbrennungsmaschine, Spiegel-online vom 28. Aril 2017

Ein Beitrag von:

  • Dr. Carola Rinker

    • Diplom-Volkswirtin und Unternehmensberaterin
    • Erstellung von (Gerichts-)Gutachten, Stellungnahmen und Analysen zu Bilanzierungssachverhalten
    • Fachbuchautorin
    • Anhörung als Sachverständige im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Wirecard Skandal des Deutschen Bundestages und im Finanzausschuss zum FISG
    • Mehr unter carolarinker.de

    Warum blogge ich hier?
    Aus Interesse an den Themen. Aus Spaß. Aus Netzwerk-Gründen. Als Ergänzung zu meiner Arbeit als Unternehmensberaterin und meinen Lehrveranstaltungen ist das Bloggen wunderbar geeignet. Ein Blog bietet die Möglichkeit, sich in einzelne Themen zu vertiefen – und sich anschließend mit Lesern darüber auszutauschen. Da jedes Jahr neue Jahresabschlüsse von Unternehmen vorgelegt werden und sich die Regeln der Bilanzierung ständig ändern, wird mir der Stoff nie ausgehen.

Kommentare zu diesem Beitrag:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

78 − 77 =

ARCHIV

Archive