Korrektur der USt-Festsetzung in Bauträgerfällen

Über die Entscheidung des BFH vom 23.02.2017 (V R 16, 24/16) kann ich mich immer noch aufregen. Auch mit zeitlichem Abstand bin ich enttäuscht über diese einseitige zugunsten des Fiskus ergangene Entscheidung. Der BFH hat nicht die Aufgabe, Steuerausfälle zu verhindern! Erst Recht nicht, wenn die Steuerausfälle durch ständige, fragwürdige Abgrenzungsprobleme bei der Beurteilung der Steuerschuldnerschaft heraufbeschwört wurden (§ 13b UStG).
§ 27 Abs. 19 UStG hebelt im Ergebnis, abgesegnet durch diese Entscheidung den Anspruch auf Vertrauensschutz auf (§ 176 AO). In TZ 19 betont der BFH, dass bei Anwendung des § 164 Abs. 2 AO die Vorschrift noch zur Anwendung käme. Nun hat das FA zu prüfen, ob dem leistenden Unternehmer ein Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen USt gegen den Leistungsempfänger zusteht. Ungeniert erklärt der V. Senat, dass die Vorschrift Steuerausfälle vermeiden soll. Das muss in diesem Zusammenhang mehr als befremden. Selbst die Zauberformel von „Treu und Glauben“ wird diesmal zugunsten des Fiskus aus dem Hut gezaubert. Bekanntlich geht der BFH mit diesem Begriff in umgekehrt gelagerten Fällen zurückhaltender um.

Der Grundsatz der Neutralität der USt begründet die Rettung der USt zugunsten des Fiskus. Es darf kein Steuerausfall entstehen. Nun gut, mit diesem Gedanken könnte man sich anfreunden, wenn in umgekehrten Fällen bei Streit über Vorsteuerabzug, zu viel ausgewiesener USt usw. auch darauf geschielt wird, ob denn wirklich eine Schädigung des Fiskus eingetreten ist. Von dieser Lösung sind wir noch weit weg, so dass hier Mehrergebnisse für den Fiskus weiterhin locken dürfen.

TZ 40 verdeutlicht, dass der BFH sich der Auffassung der Finanzverwaltung anschließt. Das ist vordergründig nun gar kein Argument, denn der BFH hat die Finanzverwaltung und den Gesetzgeber zu kontrollieren und nicht in unkritischem Gehorsam zu folgen. In TZ 47 wird die grundsätzliche Trennung zwischen Festsetzungs- und Erhebungsverfahren weggewischt, indem § 27 Abs. 19 UStG etwas anderes bestimmt. Ich habe gelernt, dass die Abgabenordnung das formale Recht bestimmt und nicht die USt. Es gibt keinen objektiven, sachlichen Grund zu dieser Aufhebung der Trennung dieser Verfahren. Hierzu würde es außerordentliche Gründe bedürfen. Der drohende fiskalische Steuerausfall, provoziert durch die Finanzverwaltung selbst, darf nicht dazu gerechnet werden, denn deren Fehler können nicht auf einzelne Steuerpflichtige abgewälzt werden.

Selbst die Zivilgerichte sind sich hinsichtlich des Rechtsanspruches des leistenden Handwerkes gegenüber dem Bauträger nicht einig. Die Entscheidung des LG Düsseldorf wird seitens des V. Senats (UR 2016, 720) ignoriert  Verfassungsrechtliche Bedenken kann der Senat ebenfalls nicht erkennen. Nun, wer so fiskalisch geprägt an seine Entscheidungen herangeht, hat bereits von der möglichen Gedankenwelt keine Chance, auf die versteckten Mängel zu stoßen.

Leider hat die Literatur aus meiner Sicht diese Entscheidung selten, wenn überhaupt, kritisch kommentiert. So bleibt nur übrig auf eine weitere Revision hinzuweisen (V R 6/17). Es betrifft die Entscheidung des FG Münster vom 31.01.17 (15 K 3998/15 U). Dort ist die richtige Beantwortung der Rechtsfrage durch den 15. Senat erfolgt. Für den BFH sollte es Anlass sein, sein fiskalisches Gewand abzustreifen und zu einer objektiven rechtlichen Beurteilung zurückzukehren!

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