Die Redaktion bat mich, doch über das zu schreiben, was uns ärgert, freut oder zum Schmunzeln bringt im vergangenen Steuerjahr. Meine Frau hat mir beigebracht, dass man über das, worüber man sich ärgert, selbst bestimmt. Nun bin ich auch noch in der komfortablen Lage, den „Unsinn“ des Steuerrechtes nicht mehr in einer aktiven Kanzlei ausbaden zu müssen. Also Ärger nein, Wutbürger ja.
Meine Seele kocht, wenn ich an die Auswirkungen des § 27 Abs. 19 UStG denke. Nicht nur, dass diese Vorschrift Verfassungsrecht- und Europarecht missachtet, bereitet diese gesetzliche Anordnung für die Praxis ein unvergleichliches Chaos. Die in den NWB veröffentlichten Aufsätze zeigen dies immer wieder auf. Wie soll sich der Handwerker verhalten? Wie der Bauträger? Welchen Rat darf der Steuerberater geben, ohne gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz zu verstoßen?
Was sind das für Volksvertreter, die ein derartig umstrittenes, unpraktisches Gesetz verabschieden, nur um den Murks der Finanzverwaltung zu vertuschen! Jetzt kommt noch mehr Verunsicherung auf. Und die Lösung wird uns in frühestens 10 Jahren präsentiert, dann hoffentlich orientiert zum Schutz der Steuerpflichtigen und nicht des Fiskus.
Überhaupt, schaut man sich das Verhalten der Finanzgerichte an, insbesondere der FG der Länder, so wird der Eindruck manifestiert, dass die Finanzgerichte den Staat vor dem Bürger und nicht den Bürger vor der Eingriffsverwaltung Finanzamt schützen. Die Einführung des Einzelrichters hat diesen aufgewertet. Für die zügige Arbeit des Gerichtes verständlich. Nur leider kann nicht jeder Finanzrichter mit dieser „Machtfülle“ umgehen. So gibt es „Stilblüten“, dass Gerichtsverfahren gem.§ 74 FGO nicht mehr ruhen können, weil bereits über 15 Jahre das Verfahren beim FG anhängig ist. Die Zeitfolge ist sehr bedauerlich. Sie begründet sich an den unzähligen verfassungsrechtlichen Zweifelsfragen, die der Gesetzgeber präsentiert und der kritische Steuerberater zur Klärung bringt. So gibt es Richter, die nicht mehr wissen, wer den Schutz des Grundgesetzes genießen darf (FG Baden-Württemberg 6 K 1130/12 n.V.).
So, das zum Ärger. Worüber habe ich mich gefreut? Über vieles, aber nicht im Steuerrecht. Besondere Glanzleistungstaten sind mir nicht aufgefallen. Auch die Berufsvertreter können keine besonderen Erfolge vermelden. Das Gespenst der Modernisierung des Besteuerungsverfahren wurde jetzt in der Tagespresse aufgegriffen. Experten begrüßen dieses Gesetzesvorhaben. Damit waren wohl die Steuerberater gemeint. Über die Unzulänglichkeiten wurde einiges geschrieben und wenig zugunsten der Sache korrigiert. Und es sei daran erinnert, wer dieses Gesetz anwendet. Nicht nur der Bürger, sondern in erster Linie die Finanzverwaltung. Diese kann bekanntermaßen noch nicht einmal ihren Datenbestand pflegen, damit dieser sich nicht wie von „Geisterhand“ verändert (Hinweis auf die Panne der Veränderung von Daten im LSt-Bereich).
Zum Lachen gab es einiges, aber nur intern mit meinen Gesprächspartnern über das Steuerrecht. Um sich nicht zu ärgern, entwickelt man „bissige Kommentare“, nicht bös gemeint, aber nichts für empfindliche Seelen. Aber unter diesen Aspekten kann Steuerrecht „noch Spaß machen“ und geärgert hat man sich auch nicht. Es ist also Selbstschutz in einer verkorksten Materie!
Ich wünsche ein frohes Weihnachtsfest ohne Arbeit und Steuerrecht und einen Arbeitsbeginn im neuen Jahr 2016 und kein Steuerrecht zwischen den Feiertagen. Bleiben Sie gesund!
Weitere Infos:
- Wolter, Zivilrechtliche Handlungsempfehlungen in „Bauträger-Altfällen“ – Maßnahmen, um die drohende Verjährung möglicher Ansprüche zu verhindern, NWB 50/2015, 3770 ff.
- Wolter/Grollmann, „Abtretungslösung“ für Bauträger- Altfälle unanwendbar?, NWB 50/2015, 3762 ff.