Den etwas reißerischen und nicht ganz ernst gemeinten Aufmacher im Titel dieses Blogs bitte ich zu entschuldigen, aber das war zu verführerisch. Um den Frauenanteil in Führungspositionen zu steigern, gilt für bestimmte Unternehmen die Pflicht, Zielgrößen für den Frauenanteil in Führungspositionen festzulegen und zu publizieren. Auf diesem Weg soll politischer Druck erzeugt werden, den Frauenanteil zu steigern. Zwangsmaßnahmen erscheinen schon deswegen nicht sinnvoll, weil nach aller Erfahrung für viele Führungspositionen das weibliche Arbeitskräfteangebot nicht gerade Überfluss zeigt. Wollte man harte Zwangsquoten, müsste man neben der Frauenförderung auch einmal über Zwangsmaßnahmen für die Angebotsseite i.S. einer Karrierepflicht bei vorhandenem Potenzial nachdenken. Das wäre aber wohl kaum durchsetzbar oder auch nur legitim. Was für Folgen können sich nun aber ergeben, wenn die nach der Rechtslage geforderte Erklärung gar nicht abgegeben wird oder nicht ordnungsgemäß erfolgt?
Aufgrund des Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst müssen Gesellschaften, die börsennotiert sind und/oder der unternehmerischen Mitbestimmung unterliegen, Zielgrößen für den Frauenanteil in Vorstand bzw. Geschäftsführung, Aufsichtsrat sowie in den zwei Führungsebenen unterhalb der Geschäftsleitung angeben sowie Fristen für das angestrebte Erreichen bestimmen. (§§ 76 Abs. 4, 111 Abs. 5 AktG, §§ 36, 52 Abs. 2 GmbHG). Für börsennotierte, mitbestimmungspflichtige Aktiengesellschaften gilt daneben eine Mindestquote von 30 % Frauen und Männern (§ 96 Abs. 2 AktG).
Für den Lagebericht, genauer in der Erklärung zur Unternehmensführung, gilt eine Angabepflicht über die festlegten Anteile und nach Ablauf der jeweils gesetzten Frist über die Erreichung der Zielgrößen bzw. die Gründe für deren Nichterreichung (§ 289a Abs. 2 Nr. 4, Abs. 4 Satz 1 HGB). Die Erklärung kann wahlweise als gesonderter Abschnitt im Lagebericht abgegeben werden oder auf der Website der Gesellschaft öffentlich zugänglich gemacht werden, wobei dann im Lagebericht die Website anzugeben ist (§ 289a Abs. 1 Sätze 2 und 3 HGB).
Sind einem Unternehmen diese Angaben unwillkommen, könnte es auf den Gedanken verfallen, die Angaben zur Frauenquote einfach wegzulassen oder gleich die gesamte Erklärung zur Unternehmensführung bzw. den Verweis auf die Website samt dieser zu unterlassen. Zwar ist der Lagebericht prüfungspflichtig (§ 317 Abs. 2 HGB). Der Gesetzgeber hat aber bestimmt, den Inhalt der Erklärung zur Unternehmensführung nicht in die Prüfung einzubeziehen. Jedoch ist im Rahmen der Prüfung festzustellen, ob die Angaben gemacht wurden (§ 317 Abs. 2 Satz 4 HGB). Dabei wird auch ein kritisches Lesen der Erklärung gefordert (IDW EPS 350 nF Anhang 2, IDW PS 202).
Fehlen die Angaben oder wird keine Erklärung zur Unternehmensführung abgegeben, sieht das IDW in Übereinstimmung mit der gesetzlichen Pflicht zur Überprüfung des Vorhandenseins der Angaben die Notwendigkeit, den Bestätigungsvermerk einzuschränken, da es sich um lageberichtstypische Angaben i.S. des Entwurfs eines neuen Prüfungsstandards zum Lagebericht handelt (IDW EPS 350 nF Tz. 19k), A99).
Anders verhält es sich, wenn sich in der Erklärung unzutreffende Angaben finden, etwa die Erreichung einer Zielquote, die tatsächlich nicht erreicht wurde. Zwar trifft den Abschlussprüfer keine diesbezügliche Prüfungspflicht. Fällt ihm jedoch der Mangel beim kritischen Lesen auf, stellt sich die Frage, welche Folge das hat. Bei wesentlichen Mängeln ist beim Mandanten auf eine Änderung hinzuwirken, gegebenenfalls der Aufsichtsrat zu informieren (IDW PS 202, Tz. 13, 15). Stellt der Prüfer fest, dass die unvollständige oder falsche Information einen schwerwiegenden Verstoß gegen gesetzliche Berichterstattungspflichten der gesetzlichen Vertreter darstellt, hat er darüber im Prüfungsbericht zu berichten (§ 321 Abs. 1 Satz 3 HGB, IDW PS 202 Tz. 15). Das IDW vertritt in einem Positionspapier die Auffassung, solche Mängel im Zusammenhang mit der Erklärung zur Unternehmensführung können aufgrund der Bedeutung für die Corporate Governance als schwerwiegend und damit berichtspflichtig angesehen werden. Keinen Mangel stellt jedoch eine zutreffende Berichterstattung über eine Zielquote von 0 % dar.
Die Frauenquote ist ein sensibles Thema. Die Berichtspflicht ist der Versuch eines weichen Drängens der Praxis. Glücklicherweise hat der Gesetzgeber davon Abstand genommen, die Angaben materiell-inhaltlich für prüfungspflichtig zu erklären. Der Abschlussprüfer muss schon für genug Aufgaben geradestehen, die der ursprünglichen Funktion nicht entnommen werden können. Vor einer weiteren Überfrachtung der Abschlussprüfung sei an dieser Stelle gewarnt.
Weitere Informationen:
IDW EPS 350 nF: Prüfung des Lageberichts im Rahmen der Abschlussprüfung