Immaterielle Güter und Know-how-Richtlinie

Die Bilanzierung von immateriellen Gütern ist ein wichtiges Diskussionsfeld. Die sogenannten weichen Faktoren stellen einen, wenn nicht gar den wesentlichen Teil des Erfolgspotenzials unserer Wirtschaft und Gesellschaft dar. Gerade mit diesen Gütern hat die Bilanzierung aber zu kämpfen, weil sie so wenig griffig sind. Das fängt bei der Frage an, ob ein immaterielles Gut überhaupt vorliegt, setzt sich mit der Entscheidung über die Bilanzierung und Bewertung fort. Ausweis und Erläuterungen sind weitere Problemfelder. Nach den IFRS besteht eine Pflicht zur Aktivierung immaterieller Güter, auch selbsterstellter, sofern die Ansatzvoraussetzungen erfüllt sind. Zu den besonderen Voraussetzungen immaterieller Vermögenswerte zählt die sogenannte „Identifizierbarkeit“. Zudem kann der Nachweis der Verfügungsmacht problematisch sein. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob aus einer auf der Zielgeraden befindlichen Richtlinie zur Harmonisierung des Know-how-Schutzes Unterstützung bei der Prüfung der Frage der Ansatzbarkeit immaterieller Güter gewonnen werden kann.

Für den Ansatz immaterieller Güter im IFRS-Abschluss muss überhaupt erst einmal ein Vermögenswert vorliegen, der darüber hinaus das Kriterium der Identifizierbarkeit erfüllen muss, denn ein immaterieller Vermögenswert ist ein identifizierbarer, nicht-monetärer Vermögenswert ohne physische Substanz (IAS 38.8). Die Identifizierbarkeit dient dabei der Abgrenzbarkeit vom Geschäfts- oder Firmenwert (IAS 38.11). Identifizierbarkeit liegt vor, wenn der Vermögenswert separierbar ist oder aus vertraglichen beziehungsweise gesetzlichen Rechten entsteht (IAS 38.12). Separierbarkeit ist gegeben, wenn der Vermögenswert vom Unternehmen getrennt und verkauft, übertragen, lizenziert, vermietet oder getauscht werden kann, wobei die abstrakte Vorstellbarkeit ausreicht (IAS 38.12). Die Übertragbarkeit ist dabei nicht im Sinne einer selbständigen Verwertbarkeit zu verstehen, sondern die Übertragbarkeit auf Dritte ist auch schon dann gegeben, wenn sie nur zusammen mit anderen Vermögenswerten oder Verträgen des Unternehmens erfolgen kann.

Während das Rechtskriterium etwa im Falle eines Patents, eines Lizenzrechts oder eines anderen gewerblichen Schutzrechts regelmäßig erfüllt ist, kann es bei nicht derart geschütztem Know-how auf die Separierbarkeit ankommen. Grundvoraussetzung für die Separierbarkeit von Know-how ist eine hinreichende Dokumentation des Know-hows. Ansonsten erscheint eine Übertragung auf Dritte losgelöst vom Gesamtunternehmen ausgeschlossen.

Ein weiteres besonderes Problemfeld kann der Nachweis der Verfügungsmacht als Voraussetzung für den Ansatz immaterieller Vermögenswerte sein (IAS 38.8). Liegt ein Schutzrecht vor, ist von der Verfügungsmacht auszugehen; nicht derart geschütztes Know-how bedarf jedoch der Möglichkeit zur Geheimhaltung, um von der Verfügungsmacht auszugehen (IAS 38. 13-14).

Für Separierbarkeit wie für die Verfügungsmacht vereinfacht sich die Prüfung also, sofern das Rechtskriterium erfüllt ist. Während bei gewerblichen Schutzrechten das Rechtskriterium vorliegt, ist bei sonstigem Know-how fraglich, ob rechtliche Anspruchsgrundlagen existieren, die das Rechtskriterium erfüllen. In Deutschland wäre etwa an § 3a UWG in Verbindung mit § 823 Abs. 2 BGB als zivilrechtliche Anspruchsgrundlage zu denken. Strafrechtlicher Schutz des Know-hows ergibt sich nach § 17 UWG für Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse. Um ein solches handelt es sich nach Auffassung des Bundesgerichtshofs bei einer „im Zusammenhang mit einem Betrieb stehende[n] Tatsache, die nicht offenkundig, sondern nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt ist und nach dem bekundeten Willen des Betriebsinhabers, der auf einem ausreichenden wirtschaftlichen Interesse beruht, geheim gehalten werden soll“. Neben der Erfüllung des Kriteriums der Verfügungsmacht führt die Geheimhaltung wiederum auch zur Erfüllung des Separierbarkeitskriteriums. Im Ergebnis kann man also durch das UWG geschütztes Know-how im Sinne von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen als aktivierbar beurteilen. Bleibt die nicht einfache Aufgabe, im Einzelfall das Vorliegen eines Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses zu beurteilen.

Unter die neue Know-how-Richtlinie fallen Geschäftsgeheimnisse. Geschäftsgeheimnisse sind Informationen, die alle nachstehenden Kriterien erfüllen (Art. 2 Nr. 1 Know-how-Richtlinie):
„a) Sie sind in dem Sinne geheim, dass sie weder in ihrer Gesamtheit noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne weiteres zugänglich sind;
b) sie sind von kommerziellem Wert, weil sie geheim sind;
c) sie sind Gegenstand von den Umständen entsprechenden angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch die Person, die die rechtmäßige Kontrolle über die Informationen besitzt.“

Auch hier wird wieder deutlich, dass es entscheidend auf die Geheimhaltung ankommt. Mithin werden Geschäftsgeheimnisse, die unter die Definition fallen, das Separierbarkeitskriterium erfüllen. Die Durchsetzungsmaßnahmen der Richtlinie sehen der sogenannten Enforcement-Richtlinie, die insbesondere auch für gewerbliche Schutzrechte greift, vergleichbare Maßnahmen vor.

Die IFRS führen als Beispiel für die Geheimhaltung eine Arbeitnehmern rechtlich auferlegte Vertraulichkeitspflicht vor (IAS 38.14). Liegt eine solche vor, kann die unter c) genannte Voraussetzung ggf. in Verbindung mit weiteren Sicherungsmaßnahmen wie Zugangsbeschränkungen, Passwortschutz, Vertraulichkeitsvereinbarungen mit Dritten usw. erfüllt sein.

Im Ergebnis wird sich durch die vorzunehmende Umsetzung der Know-how-Richtlinie keine völlig neue Beurteilung ergeben. Mehr Rechtssicherheit könnte daraus resultieren, dass künftig die Anspruchsgrundlagen auf den konkreten Fall des Know-how-Schutzes gerichtet ein werden. Liegt also ein geschütztes Geschäftsgeheimnis vor, ist von der Erfüllung der Kriterien Identifizierbarkeit und Verfügungsmacht auszugehen. Ein Umkehrschluss ist jedoch nicht vorzunehmen. Auch wenn kein Geschäftsgeheimnis in diesem Sinne vorliegt, scheint nicht ausgeschlossen, dass dennoch aktivierbares immaterielles Vermögen vorliegt. Nur wird der Nachweis der Aktivierbarkeit deutlich schwieriger.

Weitere Hinweise:

Know-how-Richtlinie: Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung (Stand erste Lesung des Europäischen Parlaments, P8_TA-PROV(2016)0131))

Enforcement-Richtlinie: Richtlinie 2004/48/EG vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums

BGH-Urteil v. 7.11.2002, I ZR 64/00

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