Bereits in einem früheren Blog war ich auf die neue Leasingbilanzierung nach IFRS 16 kurz eingegangen. Es bleibt zwar bis zur Erstanwendungspflicht ab dem 1. Januar 2019, vorausgesetzt es kommt zur Übernahme durch die Europäische Union, noch etwas Zeit. Die erheblichen Veränderungen der Leasingnehmerbilanzierung, insbesondere die Abbildung grundsätzlich jedes Leasingverhältnisses entsprechend des Nutzungsrechts (right-of-use) bei gleichzeitiger Passivierung einer Leasingverbindlichkeit, erfordern jedoch eine frühzeitige Beschäftigung. Dies betrifft nicht nur die prozessualen Voraussetzungen im Rechnungswesen, um den Leasingstandard richtig anwenden zu können. Auch die Folgen können erheblich sein, weil wichtige Finanzkennziffern, wie etwa EBIT, EBITDA, ROCE, Eigenkapitalquote, Verschuldungsgrad oder statische Liquiditätskennziffern sich künftig deutlich anders darstellen können. Nachfolgend will ich beginnen, einige Detailfragen zu den Leasingregelungen zu erörtern.
Verträge sind daraufhin zu prüfen, ob überhaupt ein Leasingverhältnis im Sinne von IFRS 16 vorliegt, worauf künftig weiter eingegangen wird. Bestimmte Geschäfte sind von vorneherein aus dem Anwendungsbereich der Neuregelung ausgeschlossen (IFRS 16.3):
- Leasingverhältnisse im Zusammenhang mit der Exploration und Verarbeitung nicht-regenerativer Ressourcen, wie Mineralien, Öl oder Erdgas
- Leasing von biologischen Vermögenswerten i.S. von IAS 41Dienstleistungskonzessionsvereinbarungen i.S. von IFRIC 12, bei denen ein Privatunternehmen Infrastruktureinrichtungen für die öffentliche Hand errichtet oder verbessert, etwa einen Autobahnabschnitt, und anschließend für eine bestimmte Zeit instand hält sowie betreibt und dafür ein Entgelt erhält.
- Lizenzrechte, die auf der Seite des Lizenzgebers in den Anwendungsbereich von IFRS 15 fallen
- Lizenzrechte, die beim Lizenznehmer als immaterielle Vermögenswerte nach IAS 38 zu erfassen sind, wie etwa Film- oder Videorechte, Urheberrechte und Patente
Vereinbarungen über andere als die zuletzt genannten immateriellen Vermögenswerte dürfen, müssen aber nicht nach den Leasingregelungen erfasst werden (IAS 38.4). Gerade vor dem Hintergrund, dass Leasing immaterieller Güter mit erheblichen Beurteilungsproblemen und Bilanzierungsunsicherheiten und damit Ermessenspielräumen behaftet ist, wäre eine stärkere Einbeziehung in das neue Leasingkonzept wünschenswert gewesen.
Ausnahmen von der Anwendung bestehen für kurz laufende Leasingverträge und bei Leasingobjekten von geringem Wert bis 5.000 US-$, wie etwa Büro-PC, die ähnlich wie bei bisherigem operating lease als Mietverhältnis mit linearem Aufwandsverlauf bilanziert werden können (IFRS 16.5-6). Ein kurz laufender Leasingvertrag überschreitet 12 Monate nicht, wobei keine Kaufoption vereinbart sein darf und eine spätere Vertragsänderungen oder Laufzeitänderung eine Neubeurteilung als neues Leasingverhältnis nach sich zieht (IFRS 16.7, .App. A). Der Versuch die neuen Leasingregelungen dadurch zu umgehen, dass ein kurzfristiges Leasingverhältnis mit einer Option zur Laufzeitverlängerung verbunden wird, scheitert wohl regelmäßig an dem Erfordernis, bei der Bestimmung der Leasingdauer wahrscheinlich auszuübende Optionen zu berücksichtigen (IFRS 16.18 ff.).
Betroffen von der Leasingbilanzierung nach dem right-of-use-Konzept werden in der Praxis teils auch Geschäfte sein, die Leasing- und Nicht-Leasingkomponenten enthalten. Hier ist es bisher unter anderem möglich, auf eine Aufteilung des Mehrkomponentengeschäfts nach IFRIC 4 und gesonderte Bilanzierung der Komponenten zu verzichten, wenn die Leasingkomponente als operating lease, also i.S. eines Mietverhältnisses, abzubilden wäre. Dann kann der gesamte Vertrag als operating lease erfasst werden (IFRIC 4.15(b)). Künftig wird die Aufteilung nach dem Verhältnis der Einzelwerte grundsätzlich zwingend sein, wenn der Leasingnehmer von der Nutzung des geleasten Vermögenswertes profitiert und der Vermögenswert weder abhängig von anderen Vermögenswerten im Rahmen des Vertrags ist noch eine Interdependenz zu solchen besteht (IFRS 16.12, .B32). Beispielsweise least ein Bauunternehmen einen Baukran für 4 Jahre und entscheidet frei über dessen Einsatz einschließlich einer etwaigen Untervermietung. Der Leasingeber ist neben der Verpflichtung zur Überlassung des Leasingobjekts zudem für die Instandhaltung und für Reparaturen am Kran verantwortlich, was in die Leasingrate einkalkuliert ist. In der Folge sind die Leasing- und die Instandhaltungskomponente grundsätzlich zu trennen.
Sofern kein eingebettetes Derivat vorliegt, kann vereinfacht einheitlich für Gruppen gleichartiger Leasingobjekte das gesamte Paket als Leasingverhältnis bilanziert werden (IFRS 16.15). Im Ergebnis wird damit regelmäßig ein Teil oder das gesamte Mehrkomponentengeschäft der Bilanzierung nach dem right-of-use-Konzept unterworfen.
IFRS 16 wirft zahlreiche weitere Anwendungsfragen auf. In loser Folge werde ich in meinem Blog künftig solche Fragen erörtern, etwa wann überhaupt ein Leasingverhältnis vorliegt.
Weitere Informationen:
Revolution der Leasingbilanzierung durch IFRS 16 und die Folgen