Doch ermäßigter Steuersatz für Breznläufer! Und auch für Imbisse in Foodcourts?

Kürzlich hatte ich in meinem Blog „Kein ermäßigter Steuersatz für Breznläufer“ darauf hingewiesen, dass Steuerpflichtige, die in Bierzelten „auf eigene Rechnung“ Brezen oder andere Snacks verkaufen, mit ihren Umsätzen nicht dem ermäßigten Steuersatz unterliegen (FG München vom 22.2.2017, 3 K 2670/14). Gleichzeitig hatte ich betroffenen Verkäufern empfohlen, gegen nachteilige Entscheidungen ihres Finanzamts Einspruch einzulegen und ein Ruhen des Verfahrens zu beantragen, da die Revision beim BFH anhängig ist (V R 15/17). Über diese hat der BFH nun entschieden, und zwar pünktlich zum Oktoberfest zugunsten der Verkäufer. Sie lautet:

Verkauft ein Brezelverkäufer auf den Oktoberfest in Festzelten „Wiesnbrezn“ an die Gäste des personenverschiedenen Festzeltbetreibers, ist der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 Prozent für Lebensmittel anzuwenden.

Im Streitfall pachtete die Klägerin während des Oktoberfestes Verkaufsstände in mehreren Festzelten an. Die von ihr beschäftigten „Breznläufer“ gingen durch die Reihen des Festzelts und verkauften die Brezeln an die an Bierzelttischen sitzenden Gäste des Festzeltbetreibers. Das Finanzamt sah hierin eine sonstige Leistung, die dem Regelsteuersatz unterliege. Es sei ein überwiegendes Dienstleistungselement gegeben, weil der Klägerin die von den Festzeltbetreibern bereitgestellte Infrastruktur, bestehend aus Zelt mit Biertischgarnituren und Musik, zuzurechnen sei. Das Finanzgericht bestätigte dies.

Demgegenüber hob der BFH das Urteil der Vorinstanz auf und gab der Klage statt. Danach führt der Verkauf der Brezeln umsatzsteuerrechtlich zu einer Lieferung der Backwaren, die ermäßigt zu besteuern ist. Die in den Festzelten aufgestellten Biertischgarnituren, bestehend aus Tischen und Bänken, dienten den eigenen Gastronomieumsätzen des Festzeltbetreibers. Damit handelte es sich um für die Klägerin fremde Verzehrvorrichtungen, an denen der Klägerin kein eigenes Mitbenutzungsrecht zugestanden habe. Sie habe keine Verfügungs- oder Dispositionsmöglichkeit in dem Sinne erlangt, dass sie Besuchern Sitzplätze im Festzelt zuweisen konnte. Es sei nach der „Realität“ im Bierzelt auch nicht davon auszugehen, dass Personen, die ausschließlich Brezeln von der Klägerin erwarben, zur Nutzung der Biertischgarnituren berechtigt gewesen wären, ohne zusätzliche Leistungen des Festzeltbetreibers in Anspruch nehmen zu müssen.

Die Entscheidung ist äußerst erfreulich und wird über den Fall der Breznläufer sicherlich weitreichende Bedeutung haben. Man denke etwa an Snackverkäufer bei Konzertveranstaltungen. Von besonderem Interesse könnte sie aber für Imbissbetreiber in so genannten Foodcourts sein. Denn auch hier geht es ­– je nach vertraglicher Gestaltung – um fremde Verzehrvorrichtungen, an denen den Imbissbetreibern kein – unmittelbares ­– eigenes Mitbenutzungsrecht zusteht. Das FG Hamburg hatte dazu mit Urteil vom 7.4.2016 (6 K 132/15) wie folgt entschieden: „Befindet sich ein Imbissbetrieb in einem Einkaufszentrum, dessen Betreiber dem Imbissbetrieb und weiteren Gastronomiebetrieben gegen Entgelt einen gemeinsamen Sitz- und Verzehrbereich zur Verfügung stellt, den die Kunden dieser Betriebe nutzen dürfen, handelt es sich bei der Zurverfügungstellung der Tische und Stühle an die Kunden um ein dem Imbissbetreiber zuzurechnendes Dienstleistungselement.“ Diese Entscheidung ist leider rechtskräftig. Möglicherweise hätte sie im Lichte der aktuellen BFH-Rechtsprechung anders ausgesehen. Betroffene Mandanten und ihre Steuerberater sollten jedenfalls die FG- und die BFH-Entscheidung zur Hand nehmen und prüfen, inwieweit sie positive Aspekte für sich „herausziehen“ können.

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