BilRUG – Hauruck: Willkürabschreibung ohne Vorsicht

Willkommener Aufhänger für meinen ersten Beitrag ist das Gesetzgebungsverfahren für ein Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz. Es dient der bis zum 20. Juli 2015 vorzunehmenden Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht. Praxis wie Forschung sind von dem Umsetzungspaket mit zahlreichen Einzelaspekten gleichermaßen betroffen.

Ein erster Referentenentwurf konnte als zumindest in Einzelpunkten handwerklich gründlich misslungen betrachtet werden. Stellungnahmen und Fachbeiträge führten dann zu einem deutlich überarbeiteten Regierungsentwurf (BilRUG-RegE). Betroffen von der Überarbeitung sind auch die HGB-Regelungen für selbst erstelltes immaterielles Anlagevermögen, für das keine Nutzungsdauer ermittelt werden kann.

Während der Referentenentwurf für die Nutzungsdauer noch eine mit der Bilanzrichtlinie unvereinbare Bandbreite von 5 bis 10 Jahren vorgab, setzt der Wortlaut des Regierungsentwurfs nun eine Nutzungsdauer von 10 Jahren als Punktwert fest (§ 253 Abs. 3 Satz 3). Die Regierungsbegründung ist zur Frage Punktwert oder Höchstwert nicht eindeutig. Das wirft einige Fragen auf.

Wird durch den Wortlaut, wie vom DRSC empfohlen, ein fester Abschreibungszeitraum statt einer Höchstdauer vorgegeben, erscheint dies auf den ersten Blick für die Vergleichbarkeit vorteilhaft. Nur fordert die Richtlinie die Vorgabe eines höchstzulässigen Zeitraums (Art. 12 Abs. 11). Mithin könnten sich Bilanzierer mit Verweis auf die Richtlinie ggf. auf einen kürzeren Abschreibungszeitraum berufen.

Die Festsetzung des Abschreibungszeitraums im BilRUG-RegE als Punktwert an der Obergrenze von 10 Jahren folgt zwar ebenfalls einem Vorschlag des DRSC. Vor dem Hintergrund des in Deutschland regelmäßig hervorgehobenen handelsrechtlichen Vorsichtsprinzips und der immer wieder betonten Flüchtigkeit immaterieller Werte wäre die Vorgabe eines kürzeren Höchstzeitraums, etwa an der Untergrenze von 5 Jahren, gut zu begründen. Dies gilt umso mehr, als gerade eher weniger ertragsstarke Unternehmen zur Aktivierung selbst erstellten immateriellen Anlagevermögens neigen.

Bleibt es im Gesetzgebungsverfahren bei dem Vorschlag, wird man vor dem Hintergrund der Wertrisiken strenge Anforderungen an die Überprüfung der Werthaltigkeit aktivierten selbst erstellten immateriellen Anlagevermögens stellen müssen. Bei einer unterstellten Nutzungsdauer von 10 Jahren sollten auch schon die geringsten Hinweise auf Wertminderungen die Ermittlung des beizulegenden Wertes erforderlich machen, wenn nicht gar aus Vorsichtsgründen von einer Ermittlung zu jedem Abschlussstichtag auszugehen ist. Zudem wird aus Vorsichtsgründen regelmäßig von einer dauerhaften Wertminderung auszugehen sein.

Im Ergebnis bietet auch der überarbeitete Vorschlag im BilRUG-RegE genug Diskussionspunkte. Ein gelungener Regelungsvorschlag sieht anders aus. Ich freue mich auf Ihre Kommentare zu meinen für die Bilanzierungspraxis durchaus provokant formulierten Aussagen.

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