Verwaltung kapituliert vor Steuersatzwirrwarr in Schwimmbad und Sauna

Zehn Jahre lang war (fast) alles gut: Die Finanzverwaltung hat in bekannter Art und Weise das BFH-Urteil aus 2005 zur 19 %-Besteuerung von Saunen mit einem Nichtanwendungserlass belegt. Doch ab 1. 7. 2015 wird sich das ändern (Warum jetzt eigentlich dieser Rückzieher?). In der Praxis stellte ich daraufhin gleich mal die Frage, wie man das Dilemma ‚Leistungsbündel‘ bei Schwimmbädern mit integrierter Sauna auflöst. Das Bayerisches Landesamt für Steuern liefert mit Verfügung vom 6. 3. 2015 die Antwort: Gar nicht!

Schwimmbad und Sauna seien als eigenständige Leistungsangebote zu werten, auch wenn eine kombinierte Abrechnung erfolge. Sofern die Leistung Schwimmbad mit 7 % zu besteuern ist, erfolgt nach der Verfügung eine Aufteilung anhand der Eintrittspreise. Damit vermeidet die Verwaltung Diskussionen darüber, ob beim kombinierten Betrieb von Schwimmbad und Sauna eine einheitliche Wellnessleistung vorliegen könnte, die insgesamt mit 19 % zu besteuern wäre. Aus meiner Sicht müsste das aber stets zwingend geprüft werden (ähnlich Schäfer, Umsatzsteuer direkt digital 22/2014 S. 3). Kurios: die Verfügung zitiert das EuGH-Urteil Zamberk (Rs. C-18/12), übergeht aber den dortigen Hinweis, dass eine einheitlich Abrechnung von begünstigten und nicht begünstigten Leistungen stark für eine einheitliche Leistung spreche. So liefert die Verfügung dann auch keine Antwort auf die Frage nach der Abrechnung, wenn keine Einzeleintrittspreise existieren. Ob dann ein Flächenschlüssel zur Anwendung kommen soll?

Für betroffene Unternehmen ist die Verfügung jedenfalls eine Einladung zum Steuernsparen, da die Steuerlast nur durch die Ausgestaltung der Eintrittspreise minimiert werden kann. War das wirklich beabsichtigt? Vielleicht wollte die Verwaltung aber nach der Steuererhöhung auch nur Zugeständnisse an die Branche machen. So hat der Deutsche Sauna-Bund errechnet, dass die Mehrsteuererhöhung zu einem volkswirtschaftlichen Schaden von 200 Mio. EUR führt. Aha.

Übrigens: Gespannt darf man auch sein, wie strikt die Finanzverwaltung künftig den ermäßigten Steuersatz bei Schwimmbädern handhabt. Die aktuelle Verfügung stellt nochmals klar, dass letztlich nur Sportbäder unter die Ermäßigung fallen. Das scheint nach der Rechtsprechung des EuGH durchaus vertretbar zu sein. In der Fachliteratur wurde dies allerdings bislang überwiegend nicht so eng ausgelegt. Bei Schwimmbädern ist die Rechtslage besonders diffizil, weil nach der MwStSystRL nur Sportanlagen begünstigt werden. Gemäß der Definition des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) ist Sport allerdings von Alltagsbewegungen abzugrenzen. Deshalb wäre die Überlassung von Schwimmbecken zum Freizeitschwimmen („Planschen“) nicht begünstigt. Und schon ergibt sich das nächste Aufteilungsproblem…

Nachtrag: Eine Leserin hat freundlicherweise darauf aufmerksam gemacht, dass das BayLfSt die Verfügung vom 6. 3. 2015 bereits wieder aufgehoben hat. Ob eine Überarbeitung erfolgt ist derzeit nicht bekannt.

2. Nachtrag: Das BayLfSt hat mitgeteilt, dass die Thematik auf Bund-Länder-Ebene erörtert wird. Grund: einige Bundesländer wollen den Kombibetrieb im Wege der Haupt-/Nebenleistung erfassen. Erfahrungsgemäß ziehen sich solche Erörterungen stets einige Zeit hin. Damit bleibt vorerst Rechtsunsicherheit bestehen.

Weitere Infos:

Ein Kommentar zu “Verwaltung kapituliert vor Steuersatzwirrwarr in Schwimmbad und Sauna

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

55 − = 49