Deutschland hat mit Australien, Frankreich, Großbritannien, Japan und Kanada (E6-Staaten) im Rahmen des BEPS-Aktionsplans der OECD einen weitreichenden Informationsaustausch über verschiedene Unternehmen der digitalen Wirtschaft vereinbart (u.a. den „Aktionsplan zur Verstärkung der Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung“ vom 6.12.2012). Um die gesetzlichen Ursachen für die niedrige effektive Steuerbelastung bestimmter multinationaler Unternehmen zu klären, sollen ohne Anonymisierung und unabhängig von der konkreten Besteuerung der einzelnen Gesellschaften Informationen zu Strukturen und Geschäftsmodellen ausgetauscht werden. Das FG Köln hat dem BZSt nunmehr im Wege einer einstweiligen Anordnung (vorläufig) untersagt, entsprechende Informationen zu erteilen oder einzuholen (Beschluss vom 7.9.2015, 2 V 1375/15). Der zwischen den „E6-Staaten“ vereinbarte Informationsaustausch verstößt nach Auffassung des Senats gegen das Steuergeheimnis und ist deshalb unzulässig.
Mit Interesse habe ich hierzu den Beitrag „Finanzgericht stoppt internationalen Austausch von Steuerdaten“ von Joachim Jahn bei FAZ.net gelesen, auf den ich an dieser Stelle gerne hinweisen möchte: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/recht-steuern/finanzgericht-koeln-stoppt-internationalen-austausch-von-steuerdaten-13835724.html
Die Entscheidung des FG Köln ist zu begrüßen, denn das Datensammeln außerhalb eines konkreten Steuerfalls ist nicht hinzunehmen. Jeder Bürger hat einen Anspruch auf informationelle Selbstbestimmung. Daher hat auch jeder Bürger gegen Unternehmen und zahlreichen Institutionen einen Anspruch aus Auskunft über die dort über ihn gespeicherten Daten. Nur die Finanzverwaltung schert hier aus. Sie sammelt Daten, informiert die Steuerbürger aber selbst bei Nachfrage nicht über ihre Verwendung. Daher wissen Steuerzahler nicht, wo ihre Daten letztlich „landen“. Um Missverständnisse zu vermeiden: Selbstverständlich muss die Finanzverwaltung für den jeweiligen Steuerfall Daten anfordern und auswerten können. Die „anlasslose“ Sammelei kann aber nicht hingenommen werden. BFH-Präsident Mellinghoff hat während des Deutschen Steuerberatertages in Wien ebenfalls entsprechende Kritik geäußert und noch einmal auf das BFH-Urteil vom 16.12.2014 (VIII R 52/12) hingewiesen. Hier hat der VIII. Senat entschieden, dass die Finanzverwaltung nicht das Recht hat, die ihr im Rahmen einer Außenprüfung in digitaler Form überlassenen Daten über den Zeitraum der Prüfung hinaus auf Rechnern außerhalb der behördlichen Diensträume zu speichern.
Ich selbst habe allerdings nicht viel Hoffnung, dass sich die Finanzverwaltung die Kritik zu Herzen nehmen wird. Vielmehr wird sie die ihr zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten nutzen. Spannend wird sein, wie der deutsche Fiskus bzw. der deutsche Gesetzgeber die Ergebnisse des aktuellen BEPS-Projekts der OECD umsetzen werden, die am 5. Oktober 2015 veröffentlicht worden sind. Auf der Grundlage eines Aktionsplans mit 15 Maßnahmen wurden konkrete und umsetzbare Empfehlungen erarbeitet. Auf der Internetseite des BMF heißt es unter anderem: „Ein wesentliches Ergebnis des BEPS-Projekts ist auch die Verbesserung der Transparenz zwischen den Steuerverwaltungen. So soll künftig ein verpflichtender spontaner Informationsaustausch von sog. Tax Rulings erfolgen. Auch im Bereich der Verrechnungspreise soll den Steuerverwaltungen durch das sog. Country-by-Country-Reporting ein Überblick über bestimmte Kennziffern im Konzern (Gewinn, Steuern, wirtschaftliche Aktivitäten) ermöglicht werden.“ Oder: „Auf Basis dieser existierenden Vorschriften wurden mögliche Elemente einer solchen Anzeigepflicht erarbeitet. Ziel solcher Regelungen ist es in erster Linie, dass die Finanzverwaltung frühzeitig über modellhafte Steuergestaltungen informiert wird, ohne den Steuerpflichtigen und ihren Beratern übermäßige Befolgungslasten aufzubürden.“ Es steht zu befürchten, dass selbst sensible Daten von Unternehmen unter dem Deckmantel des BEPS (damit lässt sich wahrscheinlich Vieles begründen) zwischen den Finanzverwaltungen unterschiedlicher Länder ausgetauscht werden. Mich befällt jedenfalls Unbehagen, wenn geheime Daten deutscher Unternehmen künftig nach Japan transferiert werden. Eine Übersicht über die 15 Aktionspunkte finden sich unter:
Sie sollen heute von den G20-Finanzministern und Notenbankgouverneuren bei ihrem Treffen in Lima gebilligt werden.